Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

Sc#neden. (Februar 7.) 783 
sollen, so kann ich hiermit nicht einverstanden sein. Die Anschauung der 
Sachverständigen ist nämlich oft von einer gewissen Einseitigkeit geprägt. 
Ebenbürtig mit den Sachverständigen ist sicher die gesunde Laienauffassung, 
die auch ein wichtiges Wort zu sagen hat. Selbst wenn wir aufmerksam 
den Anschauungen der Fachleute Gehör geben, so können wir nicht auf 
unser Recht und unfere Pflicht verzichten, selbst nach bestem Vermögen zu 
prüfen und zu urteilen. Da ich augenblicklich vor einer großen Anzahl 
von Mitbürgern stehe, die aus allen Gegenden Schwedens gekommen ist, 
will ich nicht die Gelegenheit versäumen, einige Worte zu sagen, die mir 
im hohen Grade am Herzen liegen, betreffs einiger Seiten der lebhaften 
Agitation, die seit einiger Zeit in der Frage der Verteidigung stattgefunden 
hat. Wieder und wieder hat man aus verschiedenen Teilen des Landes 
unwahre und beunruhigende Gerüchte gehört, die in Umlauf gesetzt wurden, 
ausgeschmückt mit allen Details, um ein glaubhaftes Aussehen zu erlangen. 
Eines dieser Gerüchte wußte von Spionage zu erzählen, die niemals statt- 
gefsunden hat. Sie haben auch zu erzählen gewußt von einem unmittelbar 
bevorstehenden Ueberfall auf unser Land und großen Truppenansammlungen 
an der Grenze usw. Ich bitte Sie, meine Herren, einen jeden von ihnen, 
in seiner Heimat dahin zu wirken, daß die Allgemeinheit diesen Reden 
keinen Glauben schenkt. Wohl müssen wir uns verpflichtet fühlen zu ernstem 
Nachdenken über das, was die Sicherheit des Landes erfordert, aber von 
einer drohenden Kriegsgefahr, von Truppen an der Grenze usw. ist keine 
Rede. Sie sind entweder die Ausgeburt erhitzter Einbildung oder gewissen- 
loser Berechnung, die sich nicht scheut, Unwahrheit als Mittel zur Ver- 
teidigungsagitation anzuwenden. Das politische Leben schafft viel Zer- 
splinerung, aber wir, die wir in diesem Lande wohnen, fühlen alle, daß 
es etwas gibt, was uns vereint, was uns fest verbindet: die Liebe zu 
unserem schwedischen Vaterlande. Und ganz gewiß vereinen wir uns alle 
in der festen Hoffnung, daß das, was jetzt zur Verteidigung des Landes 
vorbereitet wird, und was in kurzer Zeit zur Verhandlung und zur Ent- 
scheidung bei den vom Volke erwählten Repräsentanten kommen wird, 
wirklich zum Nutzen unseres geliebten Schwedens sein wird. 
Die Rede des Königs, durch die er sich in schroffen Gegensatz zu 
seinem Ministerium gestellt hat, wird von der Presse lebhaft besprochen. 
Die Blätter der radikalen Regierung zeigen sich sehr verstimmt. Die radi- 
kale „Aftontidningen“ greift die Rede in den schärfsten Worten an 
und meint, daß das Kabinett nach diesem Affront von seiten des Königs 
unverzüglich seinen Rücktritt erklären müsse. Durch die Rede des Königs 
werde die Frage wieder brennend, ob die persönliche Königsmacht oder 
das schwedische Volk, vertreten durch seinen Reichstag, und die von dessen 
Majorität gestützte Regierung die Reichsangelegenheiten zu führen berufen 
sei. Die radikalen „Dagens Nyheter" schreiben: Außer den eingeweihten 
Kreisen ahnten nur wenige, daß der König den Bauernzug benützen würde, 
um einen offenen Bruch mit der Regierung herbeizuführen. Man muß im 
Interesse aller konstitutionellen Parteien diesen Passus in der Antwort des 
Königs als einen Ausfluß der durch den Moment hervorgerufenen Stim- 
mung betrachten, den er nicht in die Tat umzusetzen gedenkt. 
7. Februar. Ministerium und Krone. 
Das Ministerium Staaff überreicht dem König folgende Dar- 
stellung: Durch die Einsetzung der Verteidigungskommission am 1. Dezember 
1911 faßte Eure Majestät die Forderungen für die Ergebnisse der bevor- 
stehenden Erwägungen dahin zusammen, daß Eure Majestät die Erwartung 
aussprachen, daß die Vorschläge, die aus diesen Erwägungen hervorgehen
	        
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