800 Rußland. (Februar 8. 11.)
Der Antrag, den Verkauf von Spirituosen in den Erfrischungs-
räumen öffentlicher Vergnügungsstätten (Theater, Kinematographen, Aus-
stellungen) zu untersagen, wird einstimmig angenommen.
8. Februar. Im ganzen Reiche, mit Ausnahme der Gouverne=
ments des Weichselgebietes, werden durch einen Erlaß des Zaren
alle Landwehrmänner 1. Aufgebots, die erst seit den Jahren 1911
und 1918 in die Landwehrklasse versetzt worden find, im laufenden
Jahre zu einer vierwöchigen Ubung einberufen.
8. Februar. (Duma.) Ssasonow über auswärtige Angelegen-
heiten.
In der Budgetkommission äußert sich der Minister des Aeußern auf
die Anfrage eines Deputierten über die Erneuerung des russisch-deutschen
Handelsvertrages, ob Deutschland wohl Schwierigkeiten auf inter-
nationalem Gebiet bereiten könne. Der Minister erklärt, er teile die Be-
denken des Deputierten; er werde im Ministerrate diese Anfrage zur Sprache
bringen. (Offiziös wird diese Aeußerung am 10. Februar in Abrede ge-
stellt.) Ssasonow äußert ferner, er habe seinerzeit gegen die Ernennung
des Generals Liman von Sanders zum Korpskommandeur des 1. türkischen
Armeekorps in Konstantinopel erfolgreich protestiert. Zur Frage der ägäischen
Inseln sagt er, alle Inseln, ausgenommen Tenedos und die am klein-
asiatischen Ufer liegenden, müßten Griechenland zufallen. Obgleich Griechen-
land eine Versöhnung mit Bulgarien anstrebe, sei nach Venizelos'’ Ansicht
daran vorläufig nicht zu denken. Bulgariens unvorhergesehener Angriff
im vorigen Jahre könne nicht vergessen werden. Serbien und Griechenland
umschliete ein festes Band.
11. Februar. Ministerpräsident W. N. Kokowzow, der das
Finanzportefeuille innehatte (seit September 1911), tritt „aus Ge-
sundheitsrücksichten“ zurück.
Er wird in den Grafenstand erhoben. Eine Summe von 300000
Rubel, die ihm in Anerkennung seiner Verdienste vom Zaren angeboten
wird, weist er zurück. Die wahre Ursache des Rücktrittes dürfte wohl darin
zu erblicken sein, daß er der panslawistischen Partei zu „liberal“, d. h. nicht
absolutistisch genug gewesen ist.
11. Februar. Erklärungen des Marineministers über Marine-
fragen.
In einer Unterredung mit den Parlamentsjournalisten erklärt der
Minister, daß die Vorlage zur Fortsetzung des Schiffsbauprogramms den
Kammern noch in diesem Jahre unterbreitet werden würde. Die nötigen
Mittel für die folgenden fünf Jahre würden annähernd in derselben Höhe
gefordert wie für die fünf ersten Jahre. Zu der Interpellation der Na-
tion alisten betreffend die bei den Putilowwerken als Beamte beschäf-
tigten deutschen Untertanen erklärt der Minister: Obwohl die Ver-
wendung ausländischer Beamter unerwünscht ist, so geht dennoch keinerlei
Gefahr für den Staat daraus hervor, denn diese Werke stellen keine geheim
zu haltenden Gegenstände her. Indessen kann keine russische Fabrik die
Ausländer entbehren. In drei oder vier Jahren, wenn wir einen Stamm
von einheimischen Ingenieuren und Technikern besitzen, werden wir ver-
langen, daß kein Ausländer in privaten Fabriken beschäftigt werde, welche