Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

RKußbland. (Februar 23.—März 2.) 805 
lung enthalten Erklärungen über die Bemühungen der russischen Diplomatie, 
dem rumänisch-bulgarischen Zwist ein Ziel zu setzen, und eine Be- 
setzung bulgarischen Gebiets zu verhindern, sowie einer Besetzung von Sofia 
vorzubeugen. Der dritte Teil der Sammlung ist den rumänisch-bulgarischen 
Besprechungen zum Zweck einer Konferenz in Petersburg gewidmet. Auf 
Einladung Rumäniens übernahm Rußland Ende Oktober 1912 die Ver- 
mittlung zwischen Rumänien und Bulgarien. Auf Grund dieses- Auftrags 
bemühte sich die russische Diplomatie, Bulgarien dazu zu bringen, greifbare 
Vorschläge, die als Grundlage für Verhandlungen dienen könnten, auf- 
zusetzen. Ende Dezember übermittelte die russische Diplomatie in Bukarest 
die in vier Punkten festgelegten Vorschläge Bulgariens. Dieser Schritt 
führte zu einer Entspannung der Lage, die infolge der Neigung Rumäniens, 
einen Teil des bulgarischen Gebietes zu besetzen, sich verschärft hatte. Im 
Verlauf der weitern Verhandlungen, im Januar 1913, also fünf Monate 
vor dem Kriege zwischen den Verbündeten, wies Rußland bei der bulgarischen 
Regierung auf die Notwendigkeit hin, jeden weitern Aufschub zu ver- 
meiden, und gab gleichzeitig Rumänien neue Ratschläge zur Mäßigung. 
Am 31. Januar 1913 erklärte die kaiserliche Regierung, sie könne die gewalt- 
same Erwerbung eines Teiles des bulgarischen Gebiets nicht zulassen. Von 
dem Wunsche beseelt, für beide Parteien einen gerechten Ausgleich herbei- 
zuführen, empfahl die russische Regierung Bulgarien, die Grenzlinie Silistria— 
Chabla anzunehmen, und bemühte sich gleichzeitig, das Bukarester Kabinett 
zu überreden, sich mit der Linie Medschidijeh— Tabia—Chabla zufrieden 
zu geben. Da die Beziehungen zwischen Rumänien und Bulgarien sich trotz 
aller angewandten Bemühungen zu trüben drohten, schlug die russische 
Regierung den Großmächten ein kräftiges Vorgehen gegen beide Parteien 
vor, um ihnen zu raten, die Lösung ihrer Meinungsverschiedenheiten der 
Entscheidung der Mächte zu überlassen. Rumänien und Bulgarien nahmen 
die Vermittlung an und wählten als Ort der Zusammenkunft Petersburg. 
Der Text des endgültigen Protokolls der Petersburger Konferenz findet sich 
unter den veröffentlichten Schriftstücken. 
23. Februar. (Ministerrat.) Der Zar weist auf die Not- 
wendigkeit größerer Ubereinstimmung zwischen den verschiedenen 
Ressorts hin, um deren Ansehen dem Lande gegenüber zu wahren. 
Diese Bestrebungen zur Vereinheitlichung der Regierungstätigkeit 
werden nur von der nationalistischen Presse beifällig aufgenommen. 
25. Februar. Flugwesen. 
Der Kriegsminister gibt bei mehreren russichen Firmen 353 Flug- 
zuge nach französischen Modellen in Auftrag. Im Dienst der russischen 
Fliegertruppe stehen bereits 300 Flugzeuge. Sie sind den bis jetzt vor- 
handenen, im ganzen Reich verteilten 20 Fliegerkorps zugeteilt. Die Er- 
richtung von 15 neuen Fliegerkorps steht bevor. 
2. März. Rußland und Deutschland. 
Die „Kölnische Zeitung“ veröffentlicht unter diesem Titel einen 
Artikel ihres Petersburger Berichterstatters vom 24. Februar, der an den 
Börsen von Berlin, Paris und Petersburg große Beunruhigung hervor- 
ruft, da man in ihm einen Ausdruck der Stimmung in leitenden Berliner 
Kreisen sehen zu dürfen glaubt. Die „Kölnische Zeitung“ erklärt dagegen, 
es handle sich lediglich um eine Privatarbeit. 
Der Artikel lautet: Rußland feiert in diesem Monat die ernsten 
Gedenktage des Beginnes seiner Niederlagen gegen Japan. In den zehn
	        
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