Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

Grofbritamien. (April 8.—20.) 531 
8. April. Premierminister Asquith (ohne Gegenkandidat) in 
East Fife wiedergewählt. 
14. April. Wiederaufnahme der Parlamentssitzungen. 
14. April. (Bradford.) Die Unabhängige Arbeiterpartei 
beschließt, im Parlament künftig unabhängig von den Liberalen 
vorzugehen. 
16. April. Nach einer Reutermeldung hat die fran ösische 
Regierung dem britischen Vorschlage zugestimmt, daß zwischen den 
beiden Regierungen eine Erörterung über das Kondominium auf 
den Neuen Hebriden stattfinden soll. 
16. April. „Times“-Artikel des französischen Akademikers 
Lavisse. (Siehe Frankreich.) 
Bezüglich der Klagen des Verfassers über die Unklarheit der öffent- 
lichen Meinung in England, führt die „Times“ aus: Wir sind gegen diese 
beunruhigenden Symptome nicht blind und vertrauen trotzdem darauf, baß 
die Demokratie des britischen Reiches in einem gerechten Streit so mann- 
haft und hartnäckig kämpfen würde wie ihre Vorfahren. Aber die Gerechtig- 
keit und die Notwendigkeit des Konflikts muß ihr absolut klar sein, sie 
wird keine Präventivkriege, keine Angriffskriege sanktionieren, sie haßt keine 
Nation, sie will keiner Nation Unrecht tun, sie liebt den Frieden. Nur der 
positive Beweis, daß andere unrecht getan haben, wird sie veranlassen, das 
Schwert ziehen. Es ist ebenso notwendig, unseren Demokratien über See 
diesen Beweis zu führen, und dies dürfte schwieriger sein. Das britische 
Reich kann überhaupt nur handeln, wenn es als Einheit handelt und kann 
dies nur bei der individuellen Zustimmung aller zerstreuten Teile tun. Nur 
eine Politik, die sehr einfach, klar und aufrecht ist, kann die Einheit des 
Willens aller schaffen. Bis das britische Reich wirklich eine organische Ein- 
heit geworden ist, muß unsere Diplomatie sich notwendig langsamer be- 
wegen als diejenige in einfacheren und kompakteren Staaten. Die Demo- 
kratien des britischen Reiches unterstützen die Tripelentente herzlich, weil sie 
eine solche Politik verkörpert. Sie verstehen, daß die Entente für die Sache 
des Friedens angenommen wurde und bereits für den Frieden gewirkt hat, 
aber um ihren Einfluß auf ihr Verständnis und ihre Herzen zu behalten, 
muß die Entente ihren Prinzipien treu bleiben, auf denen sie gegründet 
war. Unter dieser Bedingung hält das Reich ihr Treue und wird sie mit 
vereinter Kraft aufrechterhalten. 
20. April. England und die Dreiverbandsfrage. 
Der „Daily Telegraph“ schreibt, England werde aufgefordert, 
die Entente mit Frankreich in ein Bündnis zu verwandeln und dieses durch 
ein weiteres Bündnis mit Rußland zu ergänzen. Gründe für diese Ansicht 
seien unschwer zu finden, aber sie seien offenbar voreilig und ebendeshalb 
zur Unwirksamkeit verurteilt. In europäischen Fragen sei es nicht nur un- 
weise, sondern unmöglich, die stetige Bewegung der öffentlichen Meinung zu 
antizipieren, die allein defensiven oder offensiven Abmachungen und Bünd- 
nissen Substanz und Gewicht verleihe. Das Blatt fährt fort: Können wir 
wirklich sagen, daß der Boden für ein formelles Bündnis bereitet ist, um 
Rußland, Frankreich und Großbritannien in einer gemeinsamen Abktion 
und Politik zu vereinigen? Wir sind natürlich verpflichtet, den Fall von 
34°
	        
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