Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

Bulgarien. (Juli 15. — August 1.) 901 
15. Juli. (Sobranje.) Annahme der Anleihevorlage trotz 
heftigen Widerspruches der Opposition. 
Zu Beginn der Sitzung verliest der Führer der Radikalen im Namen 
der gesamten Opposition eine Erklärung, worin die Mängel der Anleihe 
hervorgehoben werden und die mit den Worten schließt, daß die Opposition 
sie als entehrend und unheilvoll für das Land betrachte, das keinerlei Vor- 
teile für die zahlreichen überaus schweren Lasten, die sich aus der Kredit- 
operation ergäben, erhalte. 
16. Juli. Die „Kölnische Zeitung“ veröffentlicht Schriftstücke, 
die sich auf einen jüngst erfolgten Anleiheantrag des Pariser Bank- 
hauses Perier & Co. (das auch die Geschäfte der Pariser russischen 
Botschaft besorgt) an die bulgarische Regierung beziehen. 
Das Bankhaus erklärt sich darin bereit, den Uebernahmekurs der 
Anleihe von 82 auf 87 Prozent zu erhöhen, falls eine Unterstützungsbürg- 
schaft der russischen Regierung in den Anleihevertrag aufgenommen wird. 
17. Juli. Der König unterzeichnet einen Erlaß, in welchem 
er der Anleihevorlage die Genehmigung erteilt. 
22. Juli. Zwischen der bulgarischen und der rumänischen 
Regierung werden eine Reihe von militärischen und administrativen 
Maßnahmen vereinbart, um Grenzzwischenfälle, wie sie in den 
letzten Wochen vorgekommen sind in Zukunft, unmöglich zu machen. 
30. Juli. Bulgarien und Serbien. 
Die halbamtliche „Volia“ schreibt: In diesen für Serbien ent- 
scheidenden ernsten Augenblicken hegen wir, die durch serbische Treulosigkeit 
am tiefsten getroffen worden sind, keine Schadenfreude. Die bulgarische 
Regierung hat bereits erklärt, daß sie die Neutralität bewahren werde. 
Dies übersteigt alles, was Serbien berechtigterweise erwarten konnte. Was 
sich heute ereignet, bildet die dritte Phase des Balkankrieges. Die moralische 
Verantwortung dafür fällt ganz auf Serbien, denn diese dritte Phase wäre 
nicht in so schrecklicher Weise zum Ausdruck gekommen, wenn Serbien sich 
nicht geweigert hätte, den serbisch-bulgarischen Bündnisvertrag durchzuführen. 
Die Regierung hat die Pflicht, wachsam und bereit zu sein und die Inter- 
essen Bulgariens, und ausschließlich diese, zu verteidigen. 
31. Juli. (Sobranje.) Vorlage eines Gesetzentwurfes betr. 
Eröffnung eines Kredits von 150 Millionen Franken für Beschaffung 
von Kriegsmaterial. 
1. August. (Sobranje.) Budget des Ministeriums des 
Außern. 
Sämtliche Parteiführer erklären, daß ihre Parteien die Regierung 
in der gegenwärtigen Krise unterstützen werden. Ministerpräsident Rados- 
lawow sagt, er habe, gleich nachdem er von der österreichisch-ungarischen 
Note an Serbien Kenntnis erhalten hätte, erklärt, daß Bulgarien bis zur 
Beendigung des Konflikts vollkommene Neutralität beobachten würde. 
Was die rumänisch-bulgarischen Zwischenfälle betreffe, so sei er glücklich, mit- 
teilen zu können, daß beide Regierungen der Welt sagen könnten, daß alle 
durch die Zwischenfälle hervorgerufenen Mißverständnisse vollkommen be-
	        
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