Lulzerien. (November 30.—Dezember b.) 907
der Opposition gemacht würden, und die sie mit Energie zurückweise. Da
gewisse Mächte geglaubt hätten, über diesen Gegenstand eine Bemerkung
aussprechen zu müssen, hat die Regierung sogleich Erklärungen abgegeben,
die als genügend angesehen wurden. Gegenwärtig billigten alle Großmächte
die Haltung Bulgariens. Dieses unterhalte die freundschaftlichsten Be-
ziehungen zu Rumänien, Griechenland und selbst zu dem kriegführenden
Serbien. Seine Beziehungen zu der Türkei seien außerordentlich aufrichtig.
Die Regierung sei glücklich, der Nation mitteilen zu können, daß sie die
Integrität des Territorialbesitzes gesichert habe.
30. November. Zu den Bemühungen des Dreiverbandes, einen
neuen Balkanblock zustande zu bringen, schreibt der „Dunewnik“:
In der dreistesten und brutalsten Weise auf seine Rolle als Befreier
pochend, will Rußland heute Bulgarien zu einer Handlungsweise zwingen,
die unsern Interessen offen widerspricht. Mit beispielloser Frechheit will
die russische Diplomatie, die im Vorjahr schmählich Schiffbruch litt, heute
Bulgarien einreden, daß seine Interessen in dem neuen Balkanblock lägen,
der die Rettung des in der Agonie liegenden Serbiens zum Zweck hat.
Ist es denn den Russen nicht selbst schon langweilig, immer dasselbe Lügen-
märchen aufzutischen, wo die Wirklichkeit genugsam bewiesen hat, daß der
Balkanbund den Ruin Bulgariens veranlaßte? Versprechungen, daß Bul-
garien im Bunde mit den Serben, Griechen und Rumänen seine Ideale
verwirklichen könne, sind offene Täuschungen. Wir danken für solche slawische
Fürsorge. Laßt Bulgarien wenigstens sich von den Folgen eurer väterlichen
Ratschläge erholen! Ihr elenden Erpresser wollt mit enern angeblich
slawischen Gefühlen Bulgarien vollends zugrunde richten! Mit enern pla-
tonischen slawischen Jdeen Bulgariens heiligste Gefühle entweihen! Das
sogenannte Slawentum der russischen Diplomatie war für Bulgarien der
Giftbrocken, der ihm ans Leben ging. Bulgarien erwartet seine Recht-
fertigung von der Geschichte und von Gott.
Anfang Dezember. Neue Versuche des Dreiverbandes zur
Gewinnung Bulgariens.
Die Vertreter des Dreiverbandes überreichen eine Verbalnote, in
der erklärt wird, der Dreiverband sei geneigt, Bulgarien bei der end-
gültigen Liquidation für die Fortsetzung der strengen Neutralität gegen
Griechenland und Serbien territoriale Begünstigungen zu sichern. Diese
Begünstigungen würden wesentlich vermehrt werden für den Fall, daß
Bulgarien gegen die Türkei und Oesterreich-Ungarn losschlüge. Die bul-
garische Regierung erwidert, sie könne auf keinerlei Verhandlungen ein-
gehen, ehe nicht Bulgarien der ihm gebührende Teil Mazedoniens zurück-
gegeben sei. "
1. Dezember. Der Gesandte in Konstantinopel, Toschew, wird
nach Wien versetzt. Die Konstantinopler Gesandtschaft wird vor-
läufig der frühere Gesandte in Cettinje, Kuluschew, leiten.
2. Dezember. (Sobranje.) Annahme der zwischen Osterreich-
Ungarn und Bulgarien abgeschlossene Postkonvention.
5. Dezember. Zur Einnahme von Belgrad sagt „Kambana"“:
Der Fall Belgrads bedeutet nicht nur den Untergang einer räube-
rischen Dynastie und eines unwürdigen Staates, sondern zugleich das
Fallen von Schranken, welche die westeuropäische Kultur bei ihrem Vor-