Rumirnien. (Oktober 15.—November 28.) 919
15. Oktober. (Bukarest.) Revolverattentat eines jungen
Türken auf die Brüder Buxton, die Agenten der englischen Regie-
rung (s. S. 903). Die Verletzungen sind nicht lebensgefährlich.
Zu dem Attentat bemerkt die Wiener „Neue Freie Presse“: Die
verbrecherische Tat beweist, wie hoch die Erbitterung gegen England auf-
geflammt ist. Mordtaten bleiben immer die verwerflichsten Mittel der
Polii, aber England hat sie dadurch geheiligt, daß es an die Seite Ruß-
lands trat und so dem Verbrechen in Serajewo die Sühne verweigerte.
Das Attentat in Bukarest ist ein flammender Protest der Unterdrückten,
eine Warnung an England, ein böses Vorzeichen für seine Zukunft.
17. Oktober. Unter dem Vorsitz des Königs findet eine Be-
ratung des Kabinetts mit Hinzuziehung aller Parteivorstände statt,
in der die bisherige Haltung der Regierung gebilligt und festgestellt
wird, daß keine Ursachen vorliegen, die geeignet wären, eine Ande-
rung der Haltung Rumäniens zu bewirken.
18. Oktober. Der König erläßt eine umfassende Amnestie,
besonders für Militärvergehen.
20. Oktober. (Bukarest.) Der frühere Ministerpräsident
Demeter Sturdza, einer der hervorragendsten Mitarbeiter König
Carols, 1, 81 Jahre alt.
2. November. Die sozialistische Partei veröffentlicht eine Kund-
gebung, worin sie alle oppositionellen Parteien auffordert, die Aus-
weisung aller fremden Agenten zu veranlassen.
23. November. In einer von der „Nationalen Aktion“ ein-
berufenen Versammlung wird folgender Beschluß gefaßt:
Die Bürger der Hauptstadt begrüßen mit Begeisterung die Kämpfer
der Tripleentente, die sich für das Recht und für den Triumph des Na-
tionalitätenprinzips opfern. Sie geben ihrer Bewunderung für das tapfere
serbische Bolk Ausdruck, mit dem das rumänische Volk solidarisch die Be-
schleunigung der Aktion zur Verwirklichung des nationalen Ideals wünscht.
WB. November. Eine Versammlung der organisierten Arbeiter
legt mit aller Entschiedenheit gegen die Kriegstreibereien sowie gegen
die Versuche zur Bildung einer sogenannten nationalen Regierung
Verwahrung ein und spricht den Wunsch nach Aufrechterhaltung
des Friedens und der Neutralität aus.
W. November. (Parlament.) Eröffnung der Tagung.
In der vom König verlesenen Thronrede heißt es: Indem ich
zum ersten Male die ordentliche Session des Parlaments eröffne, weilen
meine Gedanken bei meinem geliebten Onkel, dessen Verlust einmütig be-
klagt wird. Durch seine Klugheit, seine Tugenden, seine vollständig dem
allgemeinen Wohle gewidmete unablässige Arbeit hat König Carol eines
der rühmlichsten Blätter der Geschichte unseres Volkes beschrieben. Während
des Krieges führte er die tapfere Armee zum Siege, im Frieden wachte er
unermüdlich und leitete die ganze Entwicklung des Staates, die uns unter