Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

Asien. (August 23.) 1007 
Das Kriegsmanifest des Kaisers von Japan lautet in deutscher 
Uebersetzung: Wir durch des Himmels Gnade Kaiser von Japan, dessen 
Thron von derselben Dynastie eingenommen wird aus uralter Zeit her, 
tun hiermit unsern Königlichen Willen allen unsern loyalen Untertanen 
kund: Wir erklären hiermit Krieg gegen Deutschland, und wir geben unserer 
Armee und unserer Flotte Order, gegen dieses Kaiserreich die Feindselig- 
keiten mit aller Stärke zu beginnen. Wir ermahnen hiermit alle Behörden, 
sich bis auf das Aeußerste anzustrengen und jeden gehorsam seine Pflichten 
zu erfüllen, um das nationale Ziel mit allen Mitteln zu erreichen in den 
Grenzen des Völkerrechts. Nach Ausbruch des jetzigen Krieges in Europa, 
dessen beklagenswerte Wirkung wir mit tiefem Kummer gesehen haben, haben 
wir unserseits die Hoffnung gehabt, den Frieden zu bewahren und strenge 
Neutralität. Aber Deutschlands Aktion hat auf die Dauer Großbritannien, 
unseren Verbündeten, gezwungen, die Feindseligkeiten zu eröffnen gegen 
dieses Land, und Deutschland arbeitet in Kiautschou, diesem in China ge- 
pachteten Territorium, mit Kriegsrüstungen, indem dessen Soldaten und 
Kriegsschiffe unseren und den Handel der Alliierten bedrohen. Mit Rück- 
sicht hierauf haben wir und Seine britische Majestät nach reifer und ehr- 
licher Ueberlegung miteinander den Beschluß gefaßt, alle Maßregeln zu 
treffen, welche für den Schutz und die allgemeinen Interessen des Allianz- 
vertrages notwendig sind. Wir haben unserseits gewünscht, dieses Ziel durch 
friedliche Mittel zu erreichen, weshalb wir unsere Regierung aufforderten, 
einen aufrichtig gemeinten Rat der Kaiserlich deutschen Regierung zu über- 
reichen. Indessen hat bis auf den letzten Tag, der hierzu bestimmt war, 
unsere Regierung keinerlei Antwort erhalten, daß dieser Rat angenommen 
wird. Deshalb beklagen wir tief, daß wir trotz aller unserer großen Er- 
gebenheit für die Sache des Friedens also gezwungen sind, Krieg zu er- 
klären, und dies bei einer so frühen Periode unserer Regierung, während 
wir noch unsere heimgegangene Mutter beklagen. Es ist unser ernster 
Wunsch, daß durch die Loyalität unserer treuen Untertanen und durch ihre 
Tüchtigkeit der Frieden schnell wiederhergestellt werde und des Kaiserreiches 
Ehre vergrößert werde. 
23. August. (Japan.) Das Marineministerium veröffentlicht 
ein Verzeichnis über bedingte und unbedingte Konterbande, das sich 
mit der Londoner Deklaration von 1909 deckt, abgesehen von der 
Bestimmung, daß Luftschiffe als unbedingte Konterbande gelten. 
23. August. (Kiautschou.) Der Gouverneur des Kiautschou- 
gebietes Meyer-Waldeck erläßt folgende Proklamation: 
Am 15. August hat Japan Deutschland ein Ultimatum gestellt, in 
dem die sofortige Zurückziehung oder Entwaffnung aller deutschen Kriegs- 
schiffe des Kreuzergeschwaders sowie die bedingungslose Uebergabe Tsing- 
taus bis zum 15. September gefordert wurde. Frist zur Beantwortung der 
23. August mittags. Diese unerhörte Zumutung ist nach Form und Inhalt 
gleichweit beleidigend. Niemals werden wir freiwillig auch nur das kleinste 
Stück Erde hergeben, über dem die hehre Reichskriegsflagge weht. Von 
dieser Stätte, die wir mit Liebe und Erfolg seit 17 Jahren zu einem 
kleinen Deutschland über See auszugestalten bemüht waren, wollen wir 
nicht weichen. Will der Gegner Tsingtau haben, so mag er kommen und 
es sich holen. Er wird uns auf unsern Posten finden! Der Angriff auf 
Tsingtau steht bevor. Gut ausgebildet und wohl vorbereitet, können wir 
den Gegner mit Ruhe erwarten. Ich weiß, daß die Besatzung von Tsingtau
	        
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