Asitu. Dezember 23. 26. 1019
Blatt führte aus, daß vor allen Dingen Japan die Verhältnisse im fernen
Osten berücksichtigen müßte und daß diese Verhältnisse nicht dazu angetan
wären, die japanische Armee aus Ostasien nach dem weitentfernten euro-
päischen Kriegsschauplatz zu entsenden. Außerdem sei das japanische Volk
von den europäischen Völkern völlig verschieden in Religion, Gewohnheiten,
Rasse, Sprache und manchen anderen Punkten. Die Japaner hätten aber
durchaus keine Lust, etwa auf dem europäischen Kriegsschauplatz von ihren
Verbündeten mit Hindus und algerischen Eingeborenen auf gleiche Stufe
gestellt zu werden.
Zu diesen Preßäußerungen trat noch eine offiziöse Erklärung des
Ministers des Aeußern, die in der gesamten Presse veröffentlicht wurde.
In dieser Erklärung hieß es u. a.: „Ich kann keine Notwendigkeit für
Japan erkennen, Truppen nach Europa zu senden, was nicht das Ge-
ringste mit der Sicherheit Japans und dem Frieden im fernen Osten zu
tun haben würde. Außerdem würde die Entsendung von einigen hundert-
tausend Mann nach Europa ganz ungeheure Kosten verursachen, auch von
diesem rein finanziellen Gesichtspunkte aus würde es also sehr schwer sein.
Man könnte dagegen vielleicht einwenden, daß die Kosten der Expedition
von dem Dreiverbande getragen werden müßten. Japan muß aber ent-
schieden alles ablehnen, was die Ehre des Staates in Frage stellen könnte.
Aus diesen Erwägungen heraus mißbillige ich die Entsendung japanischer
Truppen nach Europa im gegenwärtigen Augenblicke.“
So wohlbegründet alle diese, die Entsendung von Truppen nach
Europa ablehnenden Ausführungen auch sind, so lassen sie doch begreiflicher-
weise den Hauptgrund der Ablehnung aus dem Spiele. Dieser Hauptgrund
besteht darin, daß nämlich Japan und Rußland denn doch nur nominelle
Freunde sind. Wie sehr Japan dem neuen „Freunde“ mißtraut, geht schon
daraus hervor, daß es seine neuen Rüstungen mit der Notwendigkeit einer
eventuellen Abwehr gegen Rußland begründet. Von einem in absehbarer
Zeit zu erwartenden Kriege Japans mit Rußland war noch im Juli dieses
Jahres oft die Rede (Rede des Handelsministers Vicomte Oura in Fuku-
schima). Von einer Entsendung von Truppen über Sibirien, womit ja ge-
wissermaßen die japanische Armee in Rußlands Händen wäre, würde also
Japan sicherlich absehen. Die Entsendung größerer Truppenmassen aus dem
Seewege ist an sich schon sehr schwierig und wird noch dadurch besonders
erschwert, daß es fraglich ist, wie lange der Suezkanal noch in Betrieb
sein wird.
Aus allen diesen Gründen ist anzunehmen, daß Japan für die
nächste Zeit sich auf die Entsendung einer Armee nach Europa nicht ein-
lassen wird. Ob es dauernd auf diesem Standpunkt verharren wird, ist
eine andere Frage; ich weise in dieser Beziehung nochmals darauf hin,
daß der Außenminister Kato in seinem offiziösen Communiqué gesagt hat:
„Ich mißbillige die Entsendung japanischer Truppen nach Europa im
gegenwärtigen Augenblick."
WB. Dezember. (China.) Präsident Muanschikai bringt im
Tempel des Himmels in Peking „dem Herrscher in der Höhe“ das
früher nur dem Kaiser verstattete Opfer dar.
26. Dezember. (Japan.) Das Abgeordnetenhaus lehnt die
Regierungsvorlage, die eine Vermehrung der Armee um zwei Divi-
sionen verlangt, mit 213 gegen 148 Stimmen ab. Der Kaiser ordnet
darauf die Auflösung des Abgeordnetenhauses an.