Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

554 Großbritannien. (August 3.) 
Der Außenhandel wird aufhören. Am Ende des Krieges werden wir, selbst 
wenn wir nicht teilnehmen, sicherlich nicht in der materiellen Lage sein, 
unsere Macht entscheidend zu brauchen, um das ungeschehen zu machen, 
was im Laufe des Krieges geschah, nämlich die Vereinigung ganz West- 
europas uns gegenüber unter einer einzigen Macht zu verhindern, wenn 
dies das Ergebnis des Krieges sein sollte und ich bin überzeugt, daß wir, 
wenn wir nicht teilnehmen, unser ganzes moralisches Ansehen verloren 
hätten. Ich will nur noch sagen, daß ich die belgische Frage etwas hypo- 
thetisch behandelt habe, weil ich mich noch nicht im Besitze aller Tatsachen 
befinde. Allein wenn die Tatsachen so sind, wie sie uns bisher mitgeteilt 
worden sind, so ist es klar, daß unser Land alles Mögliche tun muß, die 
Folgen zu verhüten, zu denen diese Tatsachen führen werden, wenn sie 
unbestritten bleiben. 
Ich habe dem Hohen Hause die einzigen Verpflichtungen mitgeteilt, 
welche wir bis jetzt zum Zweck eines gewaltsamen Einschreitens eingegangen 
sind. Ich schulde dem Hause die Mitteilung, daß wir bis jetzt keinerlei 
Verpflichtungen haben, ein Expeditionskorps aus dem Lande zu schicken. 
Die Mobilisierung der Flotte ist bereits erfolgt; die Mobilisierung unseres 
Heeres ist im Gange; aber wir haben bis jetzt noch keine Verpflichtung 
eingegangen, weil ich fühle, daß im Falle einer europäischen Verwicklung, 
wie sie noch nie dagewesen ist, wir mit der Entsendung einer Armee sehr 
vorsichtig sein müssen angesichts der ungeheuren Verantwortung, die wir 
in Indien und in andern Teilen des Reiches und in Ländern, die sich 
unter britischem Schutz befinden, haben und gegenüber all den damit ver— 
bundenen unbekannten Faktoren, bis wir wissen, wie wir in Wahrheit stehen. 
Noch eins möchte ich sagen, ein Lichtpunkt in dieser schrecklichen Lage 
ist Irland. Das allgemeine Empfinden in ganz Irland, und ich möchte 
das sehr wohl im Ausland verstanden wissen, macht die irische Frage nicht 
zu einer solchen, mit der wir jetzt zu rechnen hätten. Ich habe dem Hause 
bereits gesagt, wie weit wir gegangen und die Bedingungen klargelegt, die 
unsere Politik beeinflussen, und ich habe besonders dabei verweilt, wie 
wichtig für uns die Neutralität Belgiens ist. Welche andere Politik könnte 
man dem Hause vortragen? Es gibt nur eine Möglichkeit für die Regie- 
rung, sich im gegenwärtigen Augenblick außerhalb des Krieges zu halten, 
nämlich eine sofortige Erklärung unbedingter Neutralität. Aber das können 
wir nicht tun. Das Versprechen, das wir Frankreich gegeben haben und 
das ich dem Hause vorgelesen habe, hindert uns daran. Ueberdies müssen 
wir an Belgien denken, was eine unbedingte Neutralität unmöglich macht. 
Unter solchen triftigen und überzeugenden Gründen sind wir verpflichtet, 
vor dem Gebrauch aller unserer Macht und Gewalt nicht zurückzuschrecken. 
Wenn wir den Standpunkt einnehmen würden, daß wir nichts mit der 
ganzen Sache zu tun haben wollen, daß nicht die aus dem belgischen Ver- 
trag entspringenden Verpflichtungen, nicht die mögliche Lage im Mittel- 
ländischen Meer mit Schädigung der britischen Interessen, nicht das, was 
für Frankreich sich ergeben könnte, wenn wir es im Stiche ließen — wenn 
wir sagen wollten, daß alle diese Dinge uns nichts angingen, und daß wir 
außerhalb ieder Verwicklung bleiben wollen, so würden wir, glaube ich, 
die Achtung, die wir genießen, unsern guten Namen und unser Ansehen 
vor der Welt opfern und würden trotzdem nicht die ernstesten und schwersten 
volkswirtschaftlichen Nachteile vermeiden. 
Mein Zweck war es, die Ansicht der Regierung zu entwickeln und 
das Haus in die Lage zu versetzen, daraus den Schl lh zu ziehen und zu 
wählen. Ich verhehle es keinen Augenblick, nach dem, was ich hier gesagt, 
und nach der Information, unvollkommen, wie sie sein mag, die ich dem
	        
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