1078 Aubans II. Biplemstische Enthüllmses. (Oktober 25.)
Ultimatums an Serbien besorgt sei. Die Regierung verfolgt aufmerksam
die Entwicklung der serbisch-österreichischen Zusammenstöße, bei denen
Rußland nicht gleichgültig bleiben kann.“ Diese Mitteilung ist von allen
Zeitungen mit sehr günstigen Kommentaren nachgedruckt worden. Wir alle
sind überzeugt, daß dieses Mal keine Rasputins Rußland verhindern werden,
seine Pflicht zu erfüllen. Deutschland, das Oesterreich vorschickt, ist fest
entschlossen, sich mit uns zu messen, bevor wir unsere Flotte ausbauen,
und die Balkanstaaten haben sich noch nicht vom Kriege erholt. Auch wir
müssen der Gefahr ins Gesicht sehen und nicht unsern Kopf verstecken wie
während des Balkankrieges, als Kokowzow nur an die Börse dachte. Damals
aber wäre der Krieg leichter gewesen, da der Balkanbund voll bewafsnen
war. Aber bei uns trieb man die Straßendemonstrationen, die gegen das
elende Oesterreich gerichtet waren, durch die Polizei auseinander! Jeßt
aber würde man ebensolche Demonstrationen freudig begrüßen. Ueberhaupt
wollen wir hoffen, daß das Regiment der Feiglinge (nach Art Kokowzows
und gewisser Schreier und Mystiker vorüber ist. Der Krieg ist ein Gewitter.
Mögen auch Katastrophen kommen. Es wäre immer besser, als in dieser
unerträglichen Schwüle zu beharren. Aus Erfahrung weiß ich bestimmt.
daß für mich der ruhigste Platz in der Front ist, wo man die Gefahr in
ihrer natürlichen Größe sieht. Und das ist gar nicht so furchtbar. Am
schlimmsten ist es in der Nachhut, in der die Atmosphäre der Feigheit
herrscht, unwahrscheinliche Gerüchte umlaufen und Paniken entstehen. Im
künftigen Kriege aber wird das Innere Rußlands die Nachhut sein.
. Oktober. Ein französischer Prophet.
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“" schreibt: Der fran-
zösische Prätendent Philipp von Orleans befand sich zur Zeit des Kriegs-
beginns in Frankfurt a. M. Er reiste kurz vor der Mobilmachung so eilig
ab, daß er eine große Anzahl von Koffern zurückließ. Diese wurden in
Beschlag genommen. Bei ihrer Durchsuchung wurden auch Papiere vor
gesunden, u. a. eine Anzahl von Geheimberichten, die ein Major Du
blaix in seiner Eigenschaft als militärischer Vertrauensmann des Herzogs
von Orleans diesem erstattet hat. Diese Berichte sind überwiegend mililä-
risch-technischen Inhalts, scheuen aber auch gelegentlich nicht einen Ausflug
in das Gebiet der höheren Politik. Wir geben folgenden Bericht wieder:
Bericht Nr. 227, den 29. Juni 1914.)
Gnädigster Herr! Ich habe gestern ziemlich lange einen Seeoffizier
sprechen können, der persönliche Beziehungen zum Hauptmann Peret, dem
Adjutanten des Marineministers, und zum Hauptmann Dimitrijew, dem
russischen Marineattaché, besitzt. Wir haben von dem kürzlichen Besuch des
russischen Admiralstabschefs, Admirals Russin, in Paris gesprochen. Es
scheint, daß in zwei geheimen Zusammenkünften die französischen und ruf-
sischen Admiralstäbler geprüft haben, welche Rolle die russischen Geschwader
für den Fall eines europäischen Krieges spielen könnten. Natürlich in es
nicht möglich, zu erfahren, was in diesen Zusammenkünften beschlossen
worden ist. Die Besprechung soll sich aber vornehmlich auf ein künftiges
Eingreifen der russischen Schwarzen Meer-Flotte im Mittelmeer bezogen
haben. Die voraussichtliche Rolle der russischen Ostseeflotte sei nur neben
her in Betracht gezogen worden. Wenn diese Auskunft zutreffend ist, und
*) Die „Nordd. Allg. Ztg.“ schreibt anstatt „Juni“ „Jannar“, was
aber auf einem Lese- (oder Schreib-)fehler beruhen muß; denn die in dem
Briefe erwähnten Ereignisse (Besuch des russischen Admiralstabschefs in
Paris, Anfrage des Abg. King an Grey) fallen in den Juni 1914.