Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

508 Porins#el. (Juli 23.—Oktober 25.) 
23. Juli. Das interimistisch vom Ministerpräsidenten Machado 
verwaltete Justizministerium wird von Souza Moteiro übernommen. 
8. August. Portugal erklärt sich im europäischen Kriege 
„vorerst“ neutral. 
Die „Agenzia Stefani“ meldet aus Lissabon: Die Kammer und der 
Senat, die zu einer außerordentlichen Tagung versammelt sind, genehmigten 
einhellig einen Gesetzentwurf, wodurch die Exekutivgewalt in jeder Hinsicht 
ermächtigt wird, die öffentliche Ordnung und die nationalen Interessen zu 
sichern und für alle wirtschaftlichen und finanziellen Bedürfnisse Sorge zu 
tragen. Der Ministerpräsident erklärte unter allgemeinem lebhaften Beifall, 
daß Portugal in keinem Fall den Pflichten des Bündnisses mit England 
untreu werden würde. Diese Erklärung habe nicht die Bedeutung, daß 
Portugal beabsichtige, sofort seine neutrale Haltung zu verlassen. 
11. September. (Lissabon.) Einschiffung von 3000 Mann, 
die teils für Mozambigquc, teils für Angola bestimmt sind. 
8. Oktober. (Lissabon.) Eintreffen des französischen Panzer- 
kreuzers „Dupetit-Thouars"“ zur Teilnahme an der Jahresfeier der 
Proklamation der Republik. 
9. Oktober. Auf diplomatische Anfragen über die portugiesisch- 
englischen Verhandlungen erklärt die portugiesische Regierung, daß 
sie nicht daran denke, die Neutralität Portugals aufzugeben, und 
daß England sie nicht ersucht habe, von der Neutralität ab- 
zugehen. 
· Gleichzeitig wird bekannt, daß die portugiesische Regierung einen 
Kredit von 8000 Conto de Reis (— 40 Millionen Franken) zu Rüstungs- 
zwecken angefordert hat. 
20. und 21. Oktober. Monarchistische Unruhen in Braga, 
Mafra und Santarem. 
23. Oktober. Die „Neue Freie Presse“ erhält von autoritativer 
Seite, offenbar von der Wiener portugiesischen Gesandtschaft, folgende 
Mitteilungen: 
Z Wie groß der Widerstand Portugals gegen die Absichten Englands 
sei, gehe daraus hervor, daß sowohl der Kriegsminister als der Minister 
des Innern Kriegsgegner seien. Nur der andauernde Druck Englands und 
die Drohung mit wirtschaftlichem Bonkott werde Portugals leitende Kreise 
in den Krieg zu drängen vermögen. Im Volke sei der Krieg unpopulär. 
Was England mit dem Hineinziehen Portugals in seine Partei beabsichtige, 
sei Eingeweihten ziemlich klar. Außer strategisch wichtigen Stützpunkten, 
die Portugal der englischen Flotte biete, lägen in portugiesischen Gewässern 
100 bis 150 deutsche Dampfer, in deren Besitz England gelangen wolle. 
Vielleicht werde aber Eugland gerade in dieser Beziehung von Portugal 
gründlich enttäuscht werden. Auch sei keineswegs anzunehmen, daß Por- 
tugal seine Soldaten nach Frankreich ziehen lassen werde. Militärische Hilfe 
könne England seitens Portugals höchstens in den Kolonien finden. 
25. Oktober. Durch Regierungserlaß werden alle Klassen der 
Flottenreserve aufgerufen.
	        
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