1136 Kebersicht äber die politische Entwichlung des Jahres 1914.
rolle, die so trefflich mit den britischen Nationalinteressen im Ein-
klang steht, festhält.
England und Welche Ziele die englische Regierung insgeheim mit
Velsien. Belgien verfolgte, erhellt aus der Tatsache, daß die Neutralitär
dieses Landes schon lange von England selbst in durchaus eigen-
nütziger Absicht verletzt und hinfällig gemacht worden war. Durch
die von der deutschen Regierung veröffentlichten Dokumente aus
den Archiven des belgischen Generalstabes (oben S. 406 ff., 428d ff.,
die belgischen Gesandtschaftsberichte aus den Jahren 1905—1914
(s. insbes. den S. 1070 f. abgedruckten Bericht des Baron Beyens vom
24. April 1914, aber auch die Berichte Baron Greindls vom 5. April
1906, vom 18. April 1907 und 6. Dezember 1911) und sonstige be-
deutsame Funde (S. 426, 429 f., 444 f.) sind wir heute über den In-
halt jener englisch-belgischen Verhandlungen, über die bis
ins Kleinste gehenden Vorbereitungen für eine Landung und einen
Einmarsch englischer Truppen in Belgien vollkommen unterrichtet.
Alle diese Abmachungen, die naturgemäß ein weitgehendes Entgegen-
kommen von belgischer Seite voraussetzen, haben zugleich die bel-
gische Regierung selbst aufs schwerste belastet und den Nachweis
erbracht, daß sie längst ihre Handlungsfreiheit aufgegeben und ins
Lager der Entente abgeschwenkt war, ehe noch ein deutscher Soldat
auf belgischem Boden stand. Vergebens hat sie sich seither bemüht,
die vernichtende Wirkung dieser Enthüllungen abzuschwächen und
die Unverfänglichkeit jener Verabredungen zu erhärten. Hätten sie
wirklich nur rein akademischen Charakter getragen, so hätte cs die
belgische Regierung nicht versäumen dürfen, sich gleichzeitig durch
entsprechende Abkommen mit Deutschland gegen Angriffe von fran-
zösischer und englischer Seite zu sichern. Diese einseitige Front-
stellung gegen Deutschland, die schon in der Anlage des belgischen
Verteidigungssystems zum Ausdruck kam, war mit dem Geiste auf-
richtiger Neutralität von vornherein unvereinbar. Wir sind heute
vollkommen berechtigt, in der einseitigen Richtung der belgischen
Politik das persönliche Werk König Alberts zu erblicken, der durch
engsten Anschluß an England das Wohl seines Landes am besten
verbürgt glaubte. Im Frühjahr 1914 unternahm er sogar den Ver-
such, einen Bund der neutralen Europastaaten zu gründen, um den