Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

1146 NMebersicht über die politische Entwichlung des Jahres 1914. 
heit der russischen Armee weit früher fühlbar machen, als man es 
auf deutscher Seite angenommen hatte. Der schwache Grenzschutz 
mußte vor der russischen übermacht zurückgenommen und ein schönes 
Stück deutschen Landes den moskowitischen Horden preisgegeben 
werden. Doch schon war der schwer heimgesuchten Provinz ein Retter 
erstanden. In der Schlacht von Tannenberg (26. bis 29. August) 
vernichtete General von Hindenburg die russische Narewarmee unter 
General Samsonow und nur wenige Tage später (9. bis 11. Sep- 
tember) bereitete er der Njemenarmee unter General Rennenkampf 
bei den Masurischen Seen das gleiche Schicksal und drang in un- 
aufhaltsamer Verfolgung über die russische Grenze vor. Eine weitere 
Ausnützung des Sieges verhinderte jedoch die inzwischen bedrohlich 
gewordene Lage auf dem polnischen und galizischen Kriegsschau- 
platze, auf dem die österreichisch-ungarischen Streitkräfte gegen die 
russische Hauptmacht einen schweren Stand hatten. Am 18. August 
hatte eine trotz verlustreicher Kämpfe günstig verlaufende Offensive 
der österreichischen Armeen Auffenberg und Dankl gegen die im 
Raume Lublin—Cholm sich entwickelnden russischen Heereskörper 
eingesetzt. Bevor aber noch die hier errungenen Erfolge ausreifen 
konnten, mußte die Vorwärtsbewegung abgebrochen und die Truppen 
zur Unterstützung der schwer gefährdeten Front in Galizien heran- 
gezogen werden. Dort befanden sich die Österreicher infolge der 
artilleristischen und numerischen Überlegenheit des Gegners und der 
verhängnisvollen Wirkungen der von Rußland sorgfältig vor- 
bereiteten Spionage von Anfang an sehr im Nachteil. Gleichwohl 
sind sie ihrer Aufgabe, die russischen Hauptkräfte auf sich zu ziehen 
und zu binden, in rühmlichster Weise gerecht geworden. Nur all- 
mählich und in Ausführung sorgfältig erwogener taktischer Pläne 
erfolgte die Lösung vom Feinde. Nachdem am 2. September Lemberg 
aufgegeben war, wurde am 11. September das gesamte österreichische 
Nordheer hinter den San und in den folgenden Tagen an den 
unteren Dunajec und die Biala sowie hinter den Karpathenkamm 
zurückgezogen. Doch schon am 4. Oktober, nachdem inzwischen eine 
deutsche Armee unter General Hindenburg in Südpolen bereitgestellt 
war, begann eine deutsch-österreichische Offenfive in Polen; gleich- 
zeitig nahmen die neuorganisierten österreichischen Armeen in West-
	        
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