Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

Mebersicht üher die politische Eutwichlung bes Jahres 1914. 1147 
galizien ihren Vormarsch an den San wieder auf. Auch diese Offenfive 
der Verbündeten gestaltete sich zunächst sehr erfolgreich. Am 9.Ok- 
tober wurde Przemysl entsetzt, am 12. war das ganze westliche San- 
ufer in österreichischem Besitz, am 15. standen die Verbündeten vor 
Warschau und Iwangorod. Aber aufs neue nötigte das numerische 
übergewicht der Russen drohender Erdrückung durch rechtzeitiges 
Ausweichen zuvorzukommen. Am 27. Oktober mußte in Russisch- 
Polen der Rückzüg hinter die Warthe und die Opatowka angetreten 
werden. Dementsprechend mußten auch die aussichtsreich sich gestalten- 
den Kämpfe am San und nördlich der Karpathen abgebrochen und 
die Truppen in günstigere Stellungen zurückgeführt werden. Mitte 
November wurde von deutscher und österreichischer Seite die Offen- 
sive in Polen wieder ausgenommen. Unter schweren Kämpfen, die 
an die Geschicklichkeit der Führung die größten Anforderungen 
stellten (Durchbruch bei Brzeziny), schritt der Angriff vorwärts. 
Am 6. Dezember wurde Lodz genommen und die Russen zum Rück- 
zug auf Warschau gezwungen. Auch in Westgalizien wurden die 
Russen in der dreitägigen Schlacht bei Limanova-Lapanow (10. bis 
12. Dezember) entscheidend geschlagen. Am 16. Dezember konnte der 
deutsche Heeresbericht melden, daß die russische Offensive gegen 
Schlesien und Posen völlig zusammengebrochen sei und die russischen 
Armeen nach hartnäckigen Frontalkämpfen in ganz Polen und West- 
galizien den Rückmarsch angetreten hätten. Am 18. Dezember er- 
reichte die Verfolgung die Nida und Pilica. Gleichwohl war der 
Widerstand der Russen nicht gebrochen. Gegen Ende Dezember ent- 
wickelten sich heftige Kämpfe im Bzura—Rawka-Abschnitt, und die 
österreichisch-ungarischen Truppen, die nördlich der Karpathen vor- 
gedrungen waren, mußten wieder auf die Paßkämme zurückgenommen 
werden. War somit auch im Osten beim Jahresausgange noch 
nirgends eine Entscheidung zu unseren Gunsten gefallen, so hatten 
alle diese schönen Waffenerfolge in deutschen Landen doch schon die 
überzeugung gefestigt, daß auch die russische Flut nicht unwidersteh- 
lich sei und sich an der eisernen Mauer unseres Ostheeres endlich 
brechen müsse. 
Die Vorgänge auf dem serbischen Kriegsschauplatze haben 
nur nebensächliche Bedeutung. Die nach Kriegsbeginn einsetzende öster-
	        
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