1152 Mebersicht über die volitische Eutwichlung des Jahres 1914.
Gleichwohl erklärte sich die Pforte der russischen Regierung gegen-
über auch jetzt noch bereit, eine angemessene Lösung des Konfliktes
zu suchen und alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Möglichkeit
einer Wiederholung solcher Vorkommnisse zu vermeiden; auch sei
beschlossen worden, der Flotte eine weitere Ausfahrt in das Schwarze
Meer zu verbieten. Ssasonow lehnte eine Verhandlung auf dieser
Grundlage schroff ab, nur wenn die Türkei sogleich alle deutschen
Beamten aus Armee und Marine ausgestoßen hätte, wäre es
möglich gewesen, Verhandlungen über eine Entschädigung der Leute
zu beginnen, die durch den hinterlistigen Angriff der russischen
Küsten gelitten hätten (S. 851). Auch von der englischen Re-
gierung wurde die Entlassung der deutschen Militär= und Marine-
missionen als einziger Ausweg für eine Behebung des Kon-
fliktes bezeichnet. Für die Türkei wäre eine Erfüllung dieser
Forderung mit freiwilliger Selbstaufgabe gleichbedeutend gewesen.
Nur durch die Entscheidung der Waffen war eine glückliche Zu-
kunft des Osmanenreiches verbürgt. Die Stunde der endgültigen
Abrechnung mit der tyrannischen Mächtegruppe, die seit langen
Jahren wie ein Alpdruck auf der islamitischen Welt lastete, hatte ge-
schlagen. Endlich durfte der Islam sein Haupt erheben. Am 11. No-
vember erfolgte die Kriegserklärung an den Dreiverband (S. 881),
und gleichzeitig erschien die Proklamation, durch die alle Moslims zur
Teilnahme am Heiligen Kriege gegen die Feinde des Islams aufge-
rufen wurden. Schlicht und klar verkündete das Manifest des Sultans
an Heer und Flotte am 12. November das Kriegsziel der Türkei:
„Durch den großen heiligen Krieg, den wir heute unternehmen,
werden wir mit Gottes Hilfe den Angriffen ein Ende setzen, die
einerseits gegen den Ruhm unseres Kalifats, anderseits gegen die
Rechte unseres Reiches gerichtet waren“ (S. 882). Nicht als ein
Opfer deutscher Verführungskünste, wie es die Ententemächte der
Welt glauben machen wollten, sondern in der verpflichtenden Er-
kenntnis ihres nationalen und religiösen Berufes hat die Türkei
den Kampf ausgenommen, der auch für sie um nichts Geringeres
als um Sein und Nichtsein, um ihre ganze politische und kulturelle
Zukunft geht. Bald sollten ihre Feinde, die schon über ihr unab-
wendbares Ende frohlockten, durch empfindliche Schläge verspüren,