Mebersicht ũber die pelitische Eutwichlung des Jahres 1914. 1159
für den Schuldigen an Stelle der Festungshaft Gefängnisstrafe und
daneben unter Umständen Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte
festsetzte (S. 311). Der seit Jahren zwischen dem preußischen Kriegs-
ministerium und dem Reichstage schwebende Konflikt wegen des
Neubaues für das Militärkabinett wurde durch die Einbringung
eines besonderen Nachtragsetats auf gesetzmäßigem Wege geregelt;
doch wurde der Nachtragsetat vom Reichstage abgelehnt (S. 168,
172 ff., 209 f.). Die Beratungen des Kolonialetats (S. 112 ff.,
140 ff., 174 ff.) ergaben ein sehr günstiges Bild von der wirtschaft-
lichen Entwicklung unseres Kolonialbesitzes. Beim Etat für Kamerun
(S. 268 ff.) wurden die Beschwerden der aus gesundheitlichen Rück-
sichten zwangsweise enteigneten Dualaneger vom Staatssekretär
Dr. Solf, der die Verhältnisse aus eigener Anschauung kannte, mit
schlagenden Gründen als völlig ungerechtfertigt erwiesen. Am
12. März verabschiedete der Reichstag das Postscheckgesetz, das am
1. Juli in Kraft trat (S. 126, 193). Von den sozialpolitisch
wichtigen Reichstagsbeschlüssen verdient vor allem Erwähnung das
Konkurrenzklauselgesetz, durch das ein billiger Ausgleich zwischen
den Interessen der Arbeitgeber und der Angestellten geschaffen wurde
(S. 213 ff., 311). Dagegen scheiterte die Vorlage betr. Gehalts-
aufbesserung der mindestbesoldeten Unterbeamten, da der Reichstag
auch die gehobenen Unterbeamten mitberücksichtigen wollte, während
die verbündeten Regierungen eine derartige umfassende Besoldungs-
erhöhung vorerst nicht für durchführbar hielten (S. 303 ff.). Am
20. Mai wurde der Reichstag geschlossen, nachdem die Frage,
ob Vertagung oder Schluß, die Presse lebhaft beschäftigt hatte
(S. 193). „In schicksalsschwerer Stunde“ traten die Abgeordneten
des Volkes am 4. August wieder zusammen, um einmütig und ein-
stimmig, ohne Unterschied der Parteien, Konfessionen und Stände
dem Reiche unverbrüchliche Treue zu geloben (S. 381 ff.). Auch die
Sozialdemokraten machten das Wort ihres Führers wahr, daß er,
wenn der Moskowiter komme, das Vaterland nicht im Stich lassen
werde. Die vorgelegten Gesetzentwürfe, darunter eine Kriegskredit-
forderung von fünf Milliarden Mark, wurden noch am gleichen Tage
ohne Debatte einstimmig genehmigt. Am 2. Dezember wurden weitere
fünf Milliarden bewilligt (S. 430 ff.), wogegen der Abg. Liebknecht