Groß-
britannien.
1166 Mebersicht über die politische Eutwiclung bes Jahres 1914.
starke Mehrheit. Dadurch war die Aufrechterhaltung der bisher
verfolgten Marokkopolitik, die eine zielbewußte Sicherung des Befitz-
standes unter Wahrung der Autorität des Kalifen anstrebte, ver-
bürgt. In ausgedehnten Kammerdebatten (12. Mai bis 2. Juni)
hatte die Regierung Gelegenheit, ihren Standpunkt in der marok-
kanischen Frage gegen Angriffe von klerikaler und radikaler Seite
zu verteidigen. Über den Eisenbahnbau Tanger—Fez wurde ein Ab-
kommen mit Frankreich getroffen (S. 634). Ein weiterer Punkt des
Regierungsprogramms, die Flottenreorganisation, über die zwei
umfangreiche Vorlagen der Kammer unterbreitet wurden (S. 512 f.,
513), ist im Berichtjahre nicht erledigt worden. Gegenüber dem
europäischen Kriege bewahrte die spanische Regierung von Anfang
an die strengste Neutralität, eine Haltung, die von dem Lande und
der Mehrheit der Kammer voll gebilligt wurde, während in den
Kreisen der Liberalen (unter dem Grafen Romanones) sowie der
Radikalen und Republikaner zunächst eine Hinneigung zu den West-
mächten unverkennbar war. Als Reaktionswirkung der englischen
Lügenmeldungen und der glänzenden deutschen Siege vollzog sich
jedoch bei den Liberalen bald ein völliger Stimmungsumschwung,
so daß in der Kammersitzung vom 5. November nur die bedeutungs-
lose Gruppe der Radikalen der Neutralitätspolitik der Regierung
ihre Billigung versagte. Innerlich standen weite Kreise der Ge-
bildeten auf deutscher Seite, und die Gerechtigkeit und Notwendig-
keit unseres Kampfes sind kaum irgendwo tieferem Verständnisse
und ehrlicherer Anerkennung begegnet, als bei dem ritterlichen
spanischen Volke. Ein politisches Bündnis mit Deutschland konnte
freilich für Spanien nach Lage der Dinge nicht in Frage kommen.
Bereits am 29. Mai hatte das Regierungsorgan „Epoca“ auf eine
diesbezügliche Anregung bemerkt: „Wir sind nicht frei von Ver-
pflichtungen und könnten etwas derartiges nicht tun, ohne daß
unsere Handlung diejenigen beleidigen müßte, die jetzt unsere Freunde
sind“ (S. 512b).
Die seit Jahren geplante Einführung der Selbstverwaltung
für Irland hat sich in den ersten Monaten des Jahres zu einer
das gesamte innerpolitische Leben Großbritanniens bestimmenden