Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

1196 Hebersicht #ber die politisze Entwichlung des Jahres 1914. 
sogar ein Angriff auf die Residenz Durazzo. Der Ausbruch des 
europäischen Krieges machte die Lage des Fürsten völlig unhaltbar. 
Am 3. September schiffte er sich, ohne auf seine Herrscherrechte 
Verzicht zu leisten, an Bord eines italienischen Kriegsschiffes nach 
Venedig ein. Die inneren Zwistigkeiten dauerten bis zum Jahres- 
schluß mit unverminderter Heftigkeit fort. Essad Pascha, der nach 
der Abreise des Fürsten sogleich zurückgekehrt war, ließ sich am 
12. Oktober zum Präsidenten und Oberbefehlshaber ernennen. Durch 
seine Serbenfreundlichkeit verfeindete er sich jedoch mit den moham- 
medanischen Albaniern, die nach der Ausrufung des Heiligen Krieges 
entschlossen waren, den Kampf gegen Serbien an der Seite Oster- 
reich-Ungarns aufzunehmen. Griechenland besetzte, entgegen den 
Bestimmungen der Londoner Botschafterkonferenz, Ende Oktober 
Südalbanien, Italien die Insel Sasseno und Ende Dezember das 
Stadtgebiet von Valona. Ein Rechtstitel konnte aus diesem eigen- 
mächtigen Vorgehen nicht erwachsen, und der künftige Friedens- 
kongreß wird auch über das endgültige Schicksal Albaniens zu 
entscheiden haben. 
Vereinigte Das politische Leben der Vereinigten Staaten in der 
Staaten, ersten Jahreshälfte wird vor allem durch zwei Fragen gekenn- 
Panama= zeichnet: die Panamakanalgebührenvorlage und den mexika- 
Lenisnenn. nischen Konflikt. Am 5. März richtete Präsident Wilson eine 
vorlage. Botschaft an den Kongreß, in der er ihn aufforderte, „die Ehre der 
Vereinigten Staaten durch Aufhebung der Klausel der Panama= 
kanalvorlage, welche die amerikanische Küstenschiffahrt von der Ent- 
richtung der Kanalgebühren befreit, aufrechtzuerhalten“ (S. 951). 
Dieses Vorgehen, das die Aufgabe eines demokratischen Grund- 
gesetzes bedeutete, stieß bei den Parteifreunden des Präsidenten auf 
entschiedenen Widerstand und wurde von ihnen aus nationalen und 
wirtschaftlichen Rücksichten scharf bekämpft. Trotzdem wurde die 
Vorlage am 31. März vom Repräsentantenhause und am 11. Juni 
vom Senat angenommen, nachdem dieser am vorhergehenden Tage 
einem Zusatzantrage zugestimmt hatte, der erklärte, daß die Ver- 
einigten Staaten theoretisch nicht auf das Recht verzichten, ihre 
eigenen Schiffe im Kanal gebührenfrei verkehren zu lassen (S. 950).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.