Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

1202 Mebersicht über die politische Gutwichling des Vahres 1914. 
Deportation der Parteiführer nach England verursachte in eng- 
lischen Arbeiterkreisen große Erbitterung und wurde zu heftigen An- 
griffen gegen die südafrikanische Regierung benutzt (S. 517 f., 520, 
521, 522). Dem südafrikanischen Parlamente wurde am 30. Januar 
eine Vorlage unterbreitet, die der Regierung für ihr Verhalten 
bei den Streikunruhen Indemnität erteilte. Sie wurde am 9. März 
vom Unterhause und am 17. März vom Senate, beide Male mit 
starker Mehrheit, angenommen. Der Protest der Arbeiterschaft kam 
wenige Tage später bei den Wahlen zum Provinzialparlament in 
Transvaal zum Ausdruck, bei denen der Arbeiterpartei 23 Sitze 
(statt 3) gegenüber 22 der übrigen Parteien zufielen. Auf Antrag 
Bothas beschloß das Parlament am 10. September trotz des ent- 
schiedenen Widerspruches der Nationalpartei, die Streitkräfte der 
Union für einen Feldzug gegen Deutsch-Südwestafrika zur 
Verfügung zu stellen (S. 986 f.). Der Oberkommandierende der 
südafrikanischen Truppen General Beyers trat daraufhin zurück, 
da er an der Eroberungspolitik der Regierung keinen Anteil haben 
wollte. Am 25. September erlitt das britisch-südafrikanische Er- 
peditionskorps bei Sandfontein eine empfindliche Niederlage. Gleich- 
zeitig empörte sich der Burenoberst Maritz im Nordwesten der Kap- 
kolonie gegen die britische Herrschaft. Ehe es noch gelang, sein 
Kommando zu überwältigen, hatte sich der Aufstand bereits auf 
den Oranjefreistaat und Westtransvaal ausgedehnt. Chr. Dewet. 
Beyers und Kemp leiteten die Erhebung. Ihre Absicht war, mit 
den Waffen in der Hand „gegen den gottlosen überfall auf Deutsch- 
Südwest“ zu protestieren; doch wollten sie nicht angreifend vor- 
gehen, sondern durch passiven Widerstand die Durchführung des 
Kriegszuges gegen die deutsche Kolonie unmöglich machen (S. 9891. 
Nach den vorliegenden Berichten, die allerdings in der Hauptsache aus 
trüben englischen Quellen stammen, scheinen die Führer auch weiter- 
gehende Ziele, die Wiedergewinnung der nationalen Selbständigkeit 
und die Errichtung einer südafrikanischen Republik, verfolgt zu 
haben. Zur Verwirklichung solcher Pläne hätte es freilich der 
tätigen Anteilnahme aller Volksgenossen bedurft; aber der größte 
Teil hatte sich längst mit der englischen Oberherrschaft ausgesöhnt 
und hielt treu zur Regierung. Somit konnte trotz schöner Teil-
	        
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