1206 Mebersicht über die politische Entwiclung des Jahres 1914.
Am 12. Januar verfügte Präsident uanschikai seine Auflösung
und beauftragte gleichzeitig den Verwaltungsrat, Vorschläge über
die zu bildende Kommission zur Abänderung der Verfassung vor-
zulegen (S. 993). Am 27. Januar erhielten diese Vorschläge die
Genehmigung des Präsidenten (S. 994) und am 18. März trat die
aus 78 (60 gewählten und 18 vom Präsidenten ernannten) Mit-
gliedern bestehende Verfassungskonferenz in Peking zusammen
(S. 998 f.). Der als Ergebnis ihrer Beratungen am 1. Mai ver-
öffentlichte Verfassungsentwurf (S. 1001) gab dem Präfidenten
geradezu diktatorische Gewalt und machte ihn zum tatsächlichen
Herrn des Landes. Das Kabinett wurde abgeschafft; nur ein Be-
amter sollte als Erster Staatssekretär künftig die Präfidialerlasse
gegenzeichnen, während die bisherigen Minister lediglich die Stellung
von Abteilungschefs bekleiden sollten. Ein Staatsrat sollte als
„Beratende Versammlung" dem Präsidenten zur Seite stehen. Einen
weiteren Schritt zur Monarchie bedeutete der jedenfalls einem
Wunsche des Präsidenten entgegenkommende Staatsratsbeschluß vom
30. Dezember, der Buanschikai die Präfidentschaft auf Lebenszeit
sicherte und ihm zugleich das Recht einräumte, seinen Nachfolger
zu wählen. Bezüglich der Parlamentswahlen bestimmte ein Prä-
sidialerlaß vom 12. November, daß das Wahlrecht nur einem be-
schränkten Kreis zustehen und die Zahl der Abgeordneten 275 be-
tragen solle. Die Wiedereröffnung des Parlaments war für Ende
1915 vorgesehen. Eine Reihe wichtiger innerer Reformen, die sämt-
lich eine Stärkung der Zentralgewalt bezweckten, wurde im Berichts-
jahre in Angriff genommen (S. 995, 1000, 1002, 1003). Zur Be-
friedigung älterer finanzieller Verpflichtungen war der nach lang-
wierigen Verhandlungen am 9. Mai mit der Fünfmächtegruppe
vereinbarte Vertrag über 15 Millionen Pfund Sterling bestimmt;
da er infolge des Krieges nicht zur Ausführung kommen konnte,
wurde am 16. Dezember mit den Vereinigten Staaten eine Anleihe
von 125 Millionen Dollar abgeschlossen. Die Organisation des
Heerwesens wurde durch Errichtung eines unserem Großen General-
stabe vergleichbaren Militärbureaus und eine Neueinteilung der
Militärbezirke (S. 1004) wesentlich verbessert. Die Unsicherheit der
inneren Zustände machte der chinesischen Regierung im Weltkriege