698 Pie Ssterreichisch ungarische Monarchie. (Dezember 9.—14.)
Pflicht, zu erklären, daß auch bei der Organisierung der Militärverwaltung
Serbiens die Tatsache zum Ausdruck kommen muß, daß es sich hier um
solche Gebiete handelt, die in erster Linie in die Interessensphäre Ungarns
fallen. Was die Finanzen anlangt, so wird als Grundsatz betrachtet, daß
die Kosten der in den eroberten Gebieten tätigen Verwaltung zu Laften
des sogenannten Mobilisierungsgebietes fallen, und die Einnahmen gemein-
same Einnahmen bilden und als Aktivposten des Mobilisierungskredits ge-
bucht werden. Die Zollfrage ist in Polen derart geregelt, daß ein dem
früheren entsprechender Zolltarif für solche Artikel festgesetzt wurde, welche
aus dem gemeinsamen Zollgebiet in das besetzte Gebiet ausgeführt werden,
während die von dort stammende Einfuhr gemäß dem normalen Zolltarif
verzollt wird. Eine Vereinbarung über eine Aufteilung der Einnahme und
der Kosten der besetzten Gebiete zwischen der Monarchie und den Verbün-
delten besteht bezüglich Russisch-Polens zwischen beiden Militäroberkomman-
danten, die im Wege von Verhandlungen zu einer Vereinbarung zwischen
den beiden Regierungen umgestaltet werden wird. Was jedoch deren In-
halt betrifft, so kann ich nur mit Zustimmung sämtlicher Faktoren darüber
Aufklärung geben.
9. Dez. Der amerikanische Botschafter Penfield überreicht in
Wien eine Note über den Ancona-Fall.
Den Text der Note s. im Anhang zu den Vereinigten Staaten.
10. Dez. (Budapest.) Eine Abordnung der türkisch-tartarischen
Bölker Rußlands überreicht dem Ministerpräsidenten Grafen Tisza
eine Denkschrift.
Die Abordnung vertritt 20 Millionen Menschen, darunter 7 Millionen
nördlicher Türken und 6 Millionen Kirgisen. Aus dem Inhalt der Denk-
schrift geht hervor, wie Rußland diese Völker und ihre alte Kultur miß-
handelte. Die Vorbedingung für die Wiederaufrichtung dieser Völker wäre
die Errichtung des Chanats von Kasan und die Neutralisierung der Ge-
biete zwischen der Wolga und dem Kaspischen Meere. Die Abordnung, die
sich auch in die übrigen Hauptstädte Europas begeben wird, bat, diese be-
rechtigten Ansprüche beim Friedensschluß Rußland gegenüber zur Gellung
zu bringen.
14. Dez. (Ungarisches Abgeordnetenhaus.) Der Gesetz-
entwurf über die Regelung der auswärtigen Handels= und
Derkehrsverhältnisse bezw. die Verlängerung der diesbezüglichen
Ermächtigung der Regierung wird verhandelt.
Abg. Hugo Laehne (Unabhängigkeitspartei) bringt die Frage des Aus-
gleiches mit Oesterreich zur Sprache. Das gegenwärtige Parlament, dessen
Mandat verlängert wurde, sei gar nicht in der Lage, einen endgültigen
Ausgleich, wie ein solcher in Oesterreich von mancher Seite vorgeschlogen
wurde, abzuschließen. Mit einem kurzen Gesetzentwurfe ließe sich der gegen-
wärtige Ausgleich auf ein oder zwei Jahre verlängern. Er wünsche von
der Regierung diesbegüglich Aufklärung.
Abg. Zoltan Sailass y (Arbeitspartei) erklärt, die gegenwärtige Vorlage
präjudiziere der Ausgleichsfrage mit Oesterreich nicht. Es handle sich ja
um die Regelung der auswärtigen Handelsbeziehungen. In der letzten Zeit
seien in der Presse und in Handelskreisen Stimmen laut geworden, die sich
gegen den Agrarschutz richteten. Redner ist überzeugt, daß wir unsere Zoll-
politik auch in der Zukunft fortsetzen müssen. Auch Redner wünscht eine