Preußen und der norddeutsche Bund. 141
greifende Revision der Zollgesetzgebung und Verwaltung, in Uebereinstimmung
mit den berechtigten Anforderungen des beschleunigten und gesteigerten Verkehrs.
2) Die Deckung des dadurch entstehenden Einnahme-Ausfalles ist auf die
Dauer zu erwarten theils von der durch die bezeichnete Tarifreform im
Allgemeinen zu bewirkenden Steigerung der Production und des Verbrauchs,
theils von einer rationelleren Anordnung und Ermäßigung der Zoll= resp.
Steuersätze für Zucker, durch welche dieser in allen Formen im Massen-
verbrauch zugänglich gemacht wird. 3) Zur Deckung des vorübergehenden
Ausfalls sind zeitweise mäßige Zuschläge zu einzelnen Consumtionssteuern
zulässig, unter Ausschluß derjenigen Abgaben, welche nothwendige Lebens-
bedürfnisse tressen. 4) Soweit etwa aus dieser Rücksicht ein Zuschlag zur
Tabaksbesteuerung in Frage kommen sollte, ist auch bei dieser daran festzu-
halten, daß a) das im Zollverein hergebrachte Princip einer mäßigen Be-
steuerung des Verbrauchs gewahrt, b) der bisherige Besteuerungsmodus im
Wesentlichen beibehalten, jedoch die Uebergangssteuer für den nach Nord-
deutschland gehenden süddeutschen Tabak beseitigt und dafür die in Preußen
bestehende innere Verbrauchssteuer auf die süddeutschen Staaten ausgedehnt
werde und c) jede vexatorische Controle der Production und des Vertriebs
ausgeschlossen bleibe.
30. Aug. (Preußen). General Rieben, der bisherige Director im
Marine-Ministerium, erhält die nachgesuchte Entlassung und wird
nunmehr wenigstens provisorisch durch einen wirklichen Fachmann,
den Vice-Admiral Jachmann, ersetzt.
31.„ (Norddeutscher Bund). Allgemeine Reichstagswahlen.
Resultate: Hannover 12 National-Liberale gegen 7 Particularisten
(bei der früheren Wahl 9 gegen 10); Kurhessen 6 National-Liberale, 1 Alt-
liberaler und 1 Clerikaler (der Candidat der demokratischen Partei unterliegt
in 3 Wahlbezirken, wo er als Gegencandidat des national-liberalen Candidaten
aufgestellt wurde); in Posen siegt dießmal der deutsche Candidat in der
Stadt Posen über den polnischen, doch nur mit 40 Stimmen; Sachsen 7
Conservative, 6 Demokraten, 5 National-Liberale, in 5 Wahlbezirken ist eine
zweite Wahl nothwendig; Mecklen burg-Schwerin 5 National-Liberale (160,000
liberale gegen 32,000 feudale Stimmen); Strelitz 1 Liberaler (6000 gegen
2000), 1 Conservativer; Schleswig-Holstein: für Schleswig 3 Deutsche, 1
Däne (früher 2 Deutsche, 2 Dänen, indem in Folge der veränderten Ein-
theilung der beiden Wahlkreise in Nordschleswig in Flensburg die Deutschen
mit 8375 Stimmen siegen gegen 7618.) Merkwürdiger Weise gaben im
ganzen Herzogthum Schleswig in allen 4 Wahlkreisen die Dänen 25,598,
die Deutschen nur 24,663 Stimmen ab, was bei dem unzweifelhaften Ver-
hältniß der Nationalitäten in der Gesammtbevölkerung freilich nur daher
rühren kann, daß die Dänen sich an den Wahlen zahlreicher betheiligten als
die Deutschen.
„ (Norddeutscher Bund). Von Preußen sind bis jetzt Militär-
Conventionen mit folgenden norddeutschen Staaten abgeschlossen
worden: Weimar, Meiningen, Coburg, Altenburg, Schwarzburg-
Rudolstadt, beide Reuß, Oldenburg, Anhalt, Schwarzburg-Sonders-
hausen, beide Lippe, Lübeck, Bremen und Hamburg. Mit Waldeck
steht. der Abschluß einer Convention noch bevor. Es bleiben dem-
zufolge nur noch Braunschweig und die beiden Mecklenburg, welche
letzteren die neue Organisation ihrer Streitkräfte definitiv in die
eigene Hand genommen haben. Endlich ist auch noch, aber auf