Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Erster Teil. (58a)

238 Beutsches Reich. (März 2.) 
invalider, d. h. dienstuntauglicher Kriegsgefangener zustande gekommen. 
Dabei handelt es sich nicht um einen Austausch Zahl gegen Zahl, sondern 
es sollen alle diejenigen zur Entlassung kommen, bei denen nach militäri- 
scher Entscheidung die Voraussetzungen der Dienstuntauglichkeit vorliegen. 
Entsprechende Verhandlungen mit der jap. Regierung sind vor kurzem zum 
Abschluß gelangt. Ein gleiches Abkommen mit Italien steht unmittelbar 
vor dem Abschluß. Für halbinvalide, d. h. minder schwerverletzte und 
kranke Kriegsgefangene ist unter Zustimmung der schweiz. Regierung mit 
Belgien, Frankreich, Großbritannien die Unterbringung in der Schweiz ver- 
einbart worden. Verhandlungen mit der russ. Regierung wegen entspre- 
chender Unterbringung deutscher und russ. Kriegsgefangener in Dänemark 
und Norwegen, die sich zu deren Aufnahme bereit gefunden haben, stehen 
unmittelbar vor dem Abschluß, desgleichen Verhandlungen über die Unter- 
bringung von je 400 tuberkulösen russ. und deutschen oder österr.-ung. Offi- 
zieren in der Schweiz. Nach langen Verhandlungen mit der franz. Re- 
gierung, die durch nachdrückliche Vergeltungsmaßnahmen unterstützt wurden, 
ist eine Verständigung dahin zustande gekommen, daß zunächst die in den 
tropischen Gegenden Mittelafrikas unter ungünstigen klimatischen Verhält- 
nissen untergebrachten deutschen Gefangenen nach Nordafrika und später 
sämtliche deutschen Gefangenen aus Nordafrika nach Frankreich überführt 
worden sind, wogegen die Vergeltungsmaßnahmen aufgehoben wurden. 
Im Mai 1916 ist mit Frankreich ein Abkommen über ausreichende Brot- 
versorgung der deutschen Gefangenen in Frankreich zustande gekommen. 
Auf Grund dieses Abkommens erhalten alle deutschen Gefangenen in franz. 
Lagern und Lazaretten täglich 600 Gr. Brot. Deutschland hat dafür die 
zeitweilig verbotenen Brotsammelsendungen für franz. Gefangene erneut 
zugelassen. Auf Anregung des Papstes ist mit Frankreich, Großbritannien 
und Rußland vereinbart worden, daß die Kriegsgefangenen grundsätzlich 
Sonntags von Arbeit frei bleiben. Da es den Offizieren, die zu Arbeiten 
nicht herangezogen werden können, an der nötigen Bewegungsmöglichkeit 
in den Gefangenenlagern fehlt, sind mit Großbritannien und Rußland 
Vereinbarungen dahin getroffen worden, daß den Offizieren gegen Abgabe 
eines zeitlich begrenzten Ehrenwortes oder des Versprechens, nicht zu fliehen 
und nichts gegen die Sicherheit des Nehmestaates während dieser Zeit zu 
unternehmen, Spaziergänge außerhalb des Lagers gestattet werden. Eine 
gleiche Verständigung war mit der franz. Regierung getroffen, ist aber von 
dieser wieder aufgehoben worden. Entsprechende Vereinbarungen werden 
auch mit Italien und Rumänien angestrebt. Auf Grund von Verein- 
barungen mit Frankreich, England und Rußland werden die auf dem 
Schlachtfeld gefundenen Gegenstände von feindlichen Soldaten, sowie die 
Nachlässe Verstorbener ausgetauscht. 
Mit Japan und Serbien ist zugunsten der bei Kriegsausbruch in 
Feindeshand befindlichen Zivilpersonen vereinbart worden, daß sie auf 
freiem Fuß belassen und an der Abreise nicht behindert werden sollen. 
Entsprechende Bestimmungen waren in einem mit Italien kurz vor Ab- 
bruch der Beziehungen für den Kriegsfall abgeschlossenen Vertrag enthalten, 
der auch für die Abreisenden die ungehinderte Mitnahme ihres Privat- 
eigentums vorsah. Der Vertrag ist aber noch vor der italienischen Kriegs- 
erklärung an Deutschland gegenstandslos geworden, da die italienische Re- 
gierung aus nichtigen Gründen davon zurückgetreten ist. Im übrigen 
werden auch ohne Vertrag die beiderseitigen Angehörigen grundsätzlich auf 
freiem Fuß belassen und, soweit nicht militärische Bedenken bestehen, nicht 
an der Ausreise gehindert. Bei den mit Frankreich, Großbritannien und 
Rußland geführten Verhandlungen hat die deutsche Regierung gleichfalls
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.