Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Erster Teil. (58a)

Beutsches Keich. (März 10.) 283 
schärften Unterseebootskrieges. Was die Feinde erstreben, ist jetzt 
offenkundig für jedermann: die Vernichtung Deutschlands, die Zerschmette- 
rung seiner treuen Verbündeten. Aber noch ist das Ziel nicht erreicht, 
noch sind die Versprechungen, welche die feindlichen Regierungen ihren 
Bölkern gemacht haben, weit von der Erfüllung entfernt. Darum darf die 
Welt noch nicht von den Schrecknissen des Krieges befreit, darum müssen 
noch weiter Ströme von Blut vergossen werden. So wollen es die Re- 
gierungen, welche sich vor der Rechenschaft fürchten, welche die irregeleiteten 
Bölker bei der Wiederkehr des Friedens von ihnen verlangen werden. So 
will es aber vor allem England, unser zähester und erbittertster Gegner, 
England, das anfängt, für seine angemaßte Weltherrschaft zu fürchten, und 
das eben darum seine Verbündeten in rücksichtsloser Weise ausbeutet und 
an seine Interessen kettet, eine bittere Wahrheit, über die da und dort 
auch die Erkenntnis aufzudämmern scheint. Unser gutes Recht, ja unsere 
heilige Pflicht war und ist es, uns gegen die Vernichtungsabsichten unserer 
Feinde mit allen nur möglichen Mitteln zur Wehr zu setzen. Der Aus- 
hungerungskrieg, den England seit Jahr und Tag unter Verhöhnung des 
Völkerrechts und aller Menschlichkeit gegen das ganze deutsche Volk füort, 
er gibt uns vor Gott und der Geschichte das Recht, unseren Feinden mit 
den gleichen Schrecknissen zu Leibe zu gehen, mit denen sie uns be- 
drohen. Ueber den Beginn des verschärften U.Bootskrieges, über seine Auf- 
nahme bei den Neutralen, insbesondere über den Abbruch der diplomatischen 
Beziehungen zu Amerika brauche ich mich nicht zu verbreiten. Der Herr 
Reichskanzler hat erst vor kurzem im Reichstage ausführlich darüber ge- 
sprochen. Eines aber möchte ich mit allem Nachdrucke erklären: wenn schon 
wieder argwöhnische Stimmen laut werden, als ob der Gebrauch der 
U-Bootswaffe demnächst in einer Weise eingeschränkt werden sollte, daß 
dadurch die Erreichung seines Zweckes vereitelt werden könnte, so kann 
hiervon nach meiner Kenntnis der Dinge und nach den bestimmten Er- 
klärungen des Herrn Reichskanzlers gar keine Rede sein. 
Der verschärfte U. Bootskrieg muß in der begonnenen Weise 
durchgekämpft werden, und nach den bisher erzielten glänzenden Er- 
folgen dürfen wir uns der festen Zuversicht hingeben, daß er zu dem er- 
hofften Ziele führen werde. Die Feinde haben es so und nicht anders ge- 
wollt; daß auch die Neutralen darunter leiden, können wir nur schmerzlich 
bedauern, aber die Schuld trifft nicht uns, sie trifft England. Mögen sie 
dort ihre Beschwerden vorbringen. 
H. H., daß die politische und militärische Gesamtlage uns dahin ge- 
bracht hat, den U-Bootkrieg in der verschärften Weise zu führen, das be- 
grüße ich, abgesehen von allem andern, auch unter dem Gesichtspunkte, daß 
damit der Grund von Meinungsverschiedenheiten beseitigt wurde, die hier 
und da zu bedauerlichen Erscheinungen geführt hatten. Denn, h. H., seien 
wir uns darüber klar: in dem entscheidenden Stadium, in welches der 
Krieg nunmehr eingetreten ist, gibt es keinen Raum mehr für innere Dif- 
ferenzen. Der Schlußkampf, vor dem wir stehen, erheischt eine 
unbedingte Zusammenfassung aller Kräfte. Das Volk, das in 
allen seinen Schichten mit bewunderungswürdiger Opferwilligkeit die un- 
vermeidlichen Entbehrungen trägt, welche der Krieg mit sich bringt, ist auf- 
gerufen zum vaterländischen Hilfsdienst und zeigt sich gewillt, alles, auch 
das Letzte daran zu setzen, um den Sieg erringen zu helfen. Wer in 
solchen Augenblicken daran denken wollte, Zwietracht zu säen 
und Unfriede zustiften, würde sich am Vaterlande versündigen. 
Einigkeit und Geschlossenheit, das ist das Gebot der Stunde; so und nur 
so werden wir siegreich aus dem Weltkriege hervorgehen, werden wir einen
	        
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