296 Beutsches Reic. (März 14.)
mentarischen Geschäfte zu fördern. Das ist der Grund für unsere Vorlage
gewesen. Es war erfreulich, daß es der Regierung gelungen war, sich mit
der Mehrheit des Abgeordnetenhauses über die Fassung der Vorlage zu
verständigen. Das Herrenhaus hat Ihre Beschlüsse abgelehnt. Das war
an sich das gute Recht des Herrenhauses. Daß es von diesem Rechte Ge-
brauch gemacht hat und die Form, in der es davon Gebrauch gemacht hat,
bedaure ich. (Lebh. Beif. im Ztr. und l.) Auf die technische Seite des Ge-
setzes jetzt einzugehen, hat für mich keinerlei Zweck. Das Gesetz kann erst
wieder erscheinen, wenn eine neue Session des Abgeordnetenhauses eintritt.
Also auch für Sie, m. H., liegt ein aktuelles Interesse an der Sache
selbst nicht mehr vor. (Sehr richtig!) In Bewegung gesetzt worden sind die
Geister nicht sowohl durch die Ablehnung als durch die Reden, die im
Herrenhause gehalten worden sind. (Sehr richtig!) M. H., es versteht sich
von selbst, daß ich meinerseits mit den Herren, die im Herrenhause ge-
sprochen haben, nur im Herrenhause selbst polemisieren könnte. Wenn ich
hier zu der Sache spreche, so kann ich es nur tun unter Vermeidung jeder
persönlich gefärbten Polemik. Ich kann nur meine Stellung zu den all-
gemeinen politischen Fragen präzisieren. Vielleicht ergibt sich daraus ein
Gegensatz zu den Anschauungen des Herrenhauses. Ich halte mich für ver-
pflichtet, es zu tun, weil die Ereignisse der letzten Zeit in einem Teile der
Presse publizistisch in einer Weise ausgenutzt worden sind, welche unsere
innere Geschlossenheit nicht fördert (Sehr richtig!), und welche gleichzeitig
Zweifel an meiner persönlichen Auffassung hinsichtlich der Gesamtrich-
tung der inneren Politik, wie sie geführt werden muß, aufkommen
läßt. Und diese Zweifel muß ich beseitigen.
Von dem Grundsatz, keine Polemik mit den Herren des Herrenhauses
treiben zu wollen, muß ich nur eine Ausnahme machen. Es ist im Herren-
hause eine sehr scharfe und bittere Kritik am Reichstag geübt worden.
Gegen diese Kritik muß ich auch hier im Hause Widerspruch erheben.
(Lebh. Beif. im Ztr. und l.) Ich halte es für eine Aufgabe jedes Parla-
ments im Deutschen Reich, mag es das preuß. Abgeordnetenhaus, mag es
das Herrenhaus, mag es sonst irgendeine Kammer sein, Reichspolitik zu
treiben (Bravol), und diese Reichspolitik muß mit um so größerer Kraft
betrieben werden, der Reichsgedanke muß um so höher gehalten werden,
weil wir uns in einem Kriege befinden, in dem wir um unser Leben ringen.
(Sehr wahr! und Bravo! im Ztr. und l.) M. H., der Reichstag — ich bin
ja nicht immer einer Ansicht mit ihm; aber, m. H., will denn irgendein.
Mensch in Zweifel ziehen, daß der Deutsche Reichstag in den jetzt bald
drei Jahren dieses Krieges dem Vaterlande, seinem Volke Dienste geleistet
hat, wie kein anderes Parlament der Welt? (Stürm. Beif.) M. H., ich habe
mich — der Herr Abg. Dr. Pachnicke erinnerte soeben daran — über meine
Stellung zu den großen innerpolitischen Fragen wiederholt im Reichstage
ausgesprochen; das letzte Mal vor wenigen Wochen. Ich habe dabei meiner
unerschütterlichen Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß das Erleben dieses
Krieges zu einer Umgestaltung unseres innerpolitischen Lebens
in wichtigen Beziehungen führen muß und führen wird (lebh. Beif. I.), allen
etwaigen Widerständen zum Trotz. (Erneuter Beif. I.) Ich nehme Bezug
auf die Worte, die ich im Reichstage gesprochen habe. Nun wird mir ge-
sagt — und auch in den Ausführungen des Herrn Abg. Dr. Pachnicke fand
sich ein Anklang daran —: was nützen uns Worte, wir wollen Taten
sehen! (Sehr wahr! I.) — Ja, m. H., die Sie „Sehr wahr!“ rufen, ich kann.
Sie versichern: nichts wäre mir lieber, als wenn ich diejenigen Absichten,
die ich für das Heil unseres Vaterlandes für notwendig halte, baldmög-
lichst durchführen könnte. Aber, m. H., wir wollen uns doch einmal offen