448 Beuisches Reich. (April 24. — Mai 1.)
des Staatssekretärs des Ausw. Amts Zimmermann über die auswärtige
politische Lage entgegen, die die Auffassung verstärken, daß Deutschland
in nicht allzuferner deit zu einem guten Ende des Krieges kommen werde,
zumal die letzte Hoffnung seiner Feinde auf die innere Zermürbung des
deutschen Volkes an dessen festem Siegeswillen scheitern wird.
Hierauf gibt der Staatssekretär des Innern Dr. Helfferich folgende
Darlegungen über die wirtschaftlichen Wirkungen des U- Boot-
krieges: In der gestrigen Sitzung hat ein Abg. mit Recht hervorgehoben,
daß man technisch und wirtschaftlich in der Veranschlagung der Wirkungen
des U-Bootkriegs vorsichtig gewesen sei. Technisch liegt die Vorsicht in der
Beurteilung des Erfolges klar zutage: Die Versenkungen sind im ersten
Monat um mehr als ein Viertel, im zweiten um fast die Hälfte über die
veranschlagten 600000 T. hinausgegangen, und auch für den laufenden
Monat haben wir ein Recht auf die besten Erwartungen. Der technische
Ersolg garantiert den wirtschaftlichen Erfolg mit nahezu mathematischer
Sicherheit. Freilich läßt sich der wirtschaftliche Erfolg zahlenmäßig nicht
so leicht feststellen und in einer einzigen großen Ziffer zusammenfassen wie
die technische Wirkung in der Tonnenzahl der Versenkungen. Die wirt-
schaftlichen Wirkungen des U-Bootkriegs äußern sich auf einem vielgestaltigen
Gebiet, dessen Unübersichtlichkeit der Feind noch künstlich, durch, ich möchte
sagen: statistische Rauchentwicklung, zu erhöhen trachtet. Die engl. Statistik
ist heute fast am interessantesten durch das, was sie weise verschweigt.
Der Staatssekretär des Reichsmarineamts hat gestern schon darauf hin-
gewiesen, wie rasch der Stolz der britischen Offenheit verblaßt ist. Die
Engländer unterschlagen heute ihrer Oeffentlichkeit unsere Berichte über
unjere U-Booterfolge und unsere Mitteilungen über unsere U-Bootverluste,
sie wagen nicht, den versenkten Schiffsraum bekannt zu geben, sondern
mystifizieren das englische Publikum mit einer Schiffsstatistik, die in der
englischen Presse selbst allgemeines Aergernis erregt. Die engl. Regierung
läßt ihre Leute ruhig an die Phantasien glauben, daß statt der sechs ver-
senkten U.Boote deren hundert auf dem Meeresgrunde liegen. Sie enthält
der Welt weiter vor, wie sich die Tonnage des Ein= und Ausgangs der
Seeschiffe in britischen Häsen seit dem Beginn des uneingeschränkten U-Boot-
kriegs gestaltet hat. Vor allem unterdrückt die engl. Regierung seit Febr.
auf das strengste alle Zahlen, die auf die Lage des Getreidemarktes ein
Licht werfen könnten. Bei der Kohlenausfuhr werden die Angaben über
die Bestimmungsländer unterdrückt. Die monatl. Handelsbilanz, die sonst
mit anerkennenswerter Promptheit stets etwa bereits am 10. des folgenden
Monats veröffentlicht wurde, ist schon für den Febr. verspätet und lücken-
haft ausgegeben worden, für den März ist sie bis heute noch nicht er-
ichienen. Es ist bedauerlich, daß uns durch diese plötzliche Zurückhaltung
das Urteil über die wirtschaftliche Wirkung des Ul.Bootkriegs erschwert wird;
aber die Sache hat auch ihre erfreuliche Seite: es ist nicht anzunehmen,
daß England plötzlich schweigsam wird, um seine Stärke zu verbergen.
Im übrigen: was sichtbar bleibt, genügt, um uns ein Bild zu geben-
Ich beginne mit dem Frachtraum. Sie wissen, daß in den ersten beiden
Monaten des uneingeschränkten U-Bootkrieges mehr als 1600000 T. versenkt
worden sind, wovon wohl erheblich mehr als 1 Mill. T. auf die englische
Flagge entfallen. Die Schätzungen über die heute noch verfügbare englische
Handelstonnage gehen auseinander; aber einerlei, ob man höher oder
niedriger schätzt, ein Verlust von mehr als 1 Mill. T, in zwei Monaten
ist für England nur kurze Zeit erträglich. Ein auch nur annähernder gesah
durch Neubauten ist ausgeschlossen. Im Jahre 1914 hat England dur
Neubau einen Zuwachs von 1600000 T. gehabt; 1915 waren es noch