Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Die Frrrrigzischungerische Monarchik. (Juni 23.—27.) 125 
Dr. Mataja, Finanzen: Dr. Frhr. v. Wimmer, Unterricht: Dr. Cwik- 
linski, Justiz: Dr. v. Schauer, Oeffentliche Arbeiten: Homann v. He- 
rimberg, Eisenbahnen: Dr. Frhr. v. Banhans, Ackerbau: Dr. v. Ertl. 
Ministerialrat Dr. v. Twardowski wird unter Ernennung zum Sektionschef 
Nachfolger des Ministers Bobrzynski. — Zu Ministern sind außer Dr. v. Seidler 
nur Graf v. Toggenburg und Generalmajor Hoefer ernannt. 
In einer am Nachmittag abgehaltenen Konferenz der Obmänner der 
Parteien des Abgeordnetenhauses betont der Ministerpräsident, daß die 
neue Regierung noch eine vorläufige sei und von einer endgültigen Re- 
gierung später abgelöst werden solle. Seine Aufgabe sei, die Erledigung 
des Budgetprovisoriums, die Verlängerung der Mandatsdauer und die 
Delegationswahlen durchzuführen. Er bitte um die Unterstützung der Par- 
teien bei seiner schweren Arbeit. Die Parteiführer nehmen die Erklärung 
des Ministerpräsidenten zustimmend zur Kenntnis. 
Die gesamte Wiener Presse nimmt die Berufung des Ministeriums 
Seidler sympathisch auf und stellt fest, daß das aus bewährten und hervor- 
ragenden Fachleuten gebildete neue Kabinett neben der engbegrenzten Auf- 
gabe, die dringendsten Staatsnotwendigkeiten raschestens parlamentarisch 
zu erledigen, die Vorbereitung und die Lösung der großen Zukunfts- 
aufgaben der staatlichen Neuordnung durchzuführen haben werde. Die 
Unterstützung für den ersten Teil dieser Bestimmung des neuen Kabinetts 
werde ihm im Parlament nicht fehlen. Die Tatsache, daß der neue Kabinetts- 
chef in der Erkenntnis, daß dem Parlamente zur Lösung des zweiten Teiles 
seiner Mission eine hohe, entscheidende Aufgabe zufällt, sich sofort nach 
seiner Ernennung mit den Parteiobmännern in Fühlung setzte, beweise den 
richtigen politischen Sinn, den der Ministerpräsident der Vorbereitung und 
Lösung des ihm gestellten schwierigen Hauptproblems entgegenbringe. 
An den abtretenden Ministerpräsidenten richtet Kaiser Karl folgendes 
Handschreiben: Lieber Graf Clam-Martinic! Gleichwohl Ich die 
Gründe voll würdigte, welche Sie bewogen haben, Ihr verantwortungsvolles 
Amt in Meine Hände zurückzulegen, habe Ich Mich doch schwer und nur mit 
aufrichtigem Bedauern entschließen können, Ihrem Rücktrittsansuchen statt- 
zugeben. Indem Ich Sie hiermit von dem Amt Meines Ministerpräsidenten 
in Gnaden enthebe, gedenke Ich dankbar der selbstlosen und patriotischen Opfer- 
willigkeit, mit welcher Sie Mir und dem Staat unter besonders schwierigen 
Verhältnissen Ihre wertvollen Dienste geliehen haben. Ihre vornehme Ge- 
sinnung, Ihr warmes patriotisches Empfinden und nicht minder Ihre 
reichen Erfahrungen und Kenntnisse hatten Mich seinerzeit bewogen, Sie 
in den Rat Meiner Krone zu berufen. Ich glaubte, das höchste Staatsamt 
besseren Händen nicht anvertrauen zu können. Ich muß es tief und auf- 
richtig beklagen, daß die politischen Verhältnisse Ihre wertvolle Mitarbeit 
nunmehr Mir und dem Staat entzogen haben. Der Fortdauer Meiner 
uneingeschränkten Wertschützung halten Sie sich versichert, als deren äußeres 
Zeichen Ich Ihnen taxfrei das Großkreuz Meines St. Stephan-Ordens verleihe. 
Laxenburg, am 23. Juni 1917. Karl m. p. 
Auch an die übrigen scheidenden Minister ergehen im warmen Lon 
gehaltene Kais. Handschreiben. 
23.—27. Juni. (Ung. Abgeordnetenhaus.) Indemnitäts- 
vorlage. Ung.-kroat. Finanzabkommen. 
In der von der Regierung dem Hause unterbreiteten Indemnitäts- 
vorlage wird die Ermächtigung gefordert, den Staatshaushalt für sechs 
Monate weiterzuführen. 
Der Referent Abg. Hegedüs (Nat. Arb.) erklärt: Während die jetzt
	        
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