Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

Bie Herreichischmunnrische Monarchie. (Dezember 4.—7.) 211 
Das so herrlich bewährte Bündnis mit dem Deutschen Reiche, dessen 
erhabenen Herrscher Ich kürzlich als Meinen Gast begrüßen konnte, erhielt 
jüngst durch den Siegeszug im Südwesten eine neuerliche ruhmvolle Be- 
kräftigung. Mit dem aufstrebenden Bulgarenvolke verbinden Uns die besten 
bundesbrüderlichen Beziehungen. Hierfür legten auch Meine wiederholten 
Begegnungen mit König Ferdinand Zeugnis ab. Wiederholt hatten Wir 
Gelegenheit, die traditionelle Tapferkeit der türkischen Krieger in todes- 
mutigem Zusammenwirken mit Unseren Truppen zu bewundern. Zuversicht- 
lich hoffen Wir, daß das engverbündete Osmanische Reich einer Periode 
neuer Blüte und gesicherter Entwicklung entgegengeht. Der Festigung 
Unserer Beziehungen zu den neutralen Staaten gilt Unser ernstes Streben 
und schulden Wir denselben innigsten Dank für ihre humanitäre Betätigung 
zugunsten Unserer Kriegsgefangenen. 
M. H.1 Die Vorlagen, welche Ihnen unterbreitet werden und unter 
welchen sich, dem Herkommen gemäß, auch die auf Bosnien und die Her- 
zegowina bezüglichen befinden, stellen an ihren Patriotismus gewaltige An- 
sprüche. Ich hoffe zuversichtlich, daß Sie denselben mit gewohntem Ernste, 
von versöhnlichem Geiste geleitet, nähertreten werden, und wünsche Ihren 
Arbeiten zum Heil Unseres geliebten Vaterlandes vollsten Erfolg. 
Beim Empfang der österr. Delegation bemerkt der Kaiser gegenüber 
dem Präsidenten Hauser: Es wird der schönste Tag meines Lebens sein, 
wenn ich den Frieden schließen kann. 
4.—7. Dez. (Delegationen.) Ausw. Politik. 
Im Auswärtigen Ausschuß der Oesterr. (und der Ung. Delegation) 
erstattet der Minister des Ausw. Graf Czernin ein Exposé, in dem er 
zunächst die Entstehung des Krieges darlegt und sodann die Stellungnahme 
der einzelnen Staaten zu dem Kriege schildert. Nachdem er die Bündnis- 
politik der Monarchie, ihre Beziehungen zum Deutschen Reiche, zur 
Türkei und zu Bulgarien behandelt hat, kommt er auf den Abfall Italiens 
und Rumäniens zu sprechen; sodann geht er auf die Lage auf dem Balkan 
ein, erwähnt die Wiederaufrichtung des Königreichs Polen, das über seine 
staatliche Zukunft in voller Selbständigkeit entscheiden darf, und berührt 
schließlich den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu der amerik. 
Union und die Umwälzung im russ. Reiche. Nachdem er den neutralen 
Regierungen, welche in selbstloser Weise die Vertretung der Interessen 
der Monarchie im feindlichen Ausland übernommen haben, Dank aus- 
Relprochen hat, fährt er fort: Ueberblicken wir die gegenwärtige Lage, 
o können wir mit berechtigtem Stolze feststellen, daß Oesterreich-Ungarn 
bisher den ihm ausgezwungenen Verteidigungskampf erfolgreich bestanden 
hat. Wo immer die Gegner vorübergehend in unser Gebiet eingedrungen 
waren, sind sie verjagt, und tief im Feindeslande stehen unsere Heere in 
Abwehr gegen beabsichtigte künftige Einbrüche. Unsere militärische und 
maritime Macht ist ungebrochen, unser Vertrauen in einen glücklichen Aus- 
gang des Krieges unerschüttert. Die wirtschaftliche und finanzielle Kraft 
der Monarchie hat sich überraschend stark erwiesen. Ich darf in dieser 
Beziehung auf die nahezu zur Vollständigkeit gediehene Autarkie und auf 
den erfreulichen Erfolg unserer Kriegsanleihen hinweisen. Auch die noch 
bestehenden Schwierigkeiten in der Ernährungsfrage werden durch die Aus- 
bildung und Verbesserung der einschlägigen organisatorischen Vorkehrungen 
der Regierungen überwunden werden. Den wirtschaftlichen Bestrebungen 
der beiden Staaten der Monarchie hat der Krieg naturgemäß enge Grenzen 
gezogen. Die, allerdings ohne entscheidende Erfolge, von den feindlichen 
Staaten gegen uns getroffenen Kampfmaßnahmen auf wirtschaftlichem Ge- 
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