354 EGresbritanien. (November 12.)
12. Nov. Die Regierung veröffentlicht ein „Weißbuch“ betr.
die deutsche Kies= und Sanddurchfuhr durch Holland.
Die Durchfuhr von deutschem Material durch Holland, das
auch zu militärischen Zwecken verwandt werden kann, hat zu einem ein-
gehenden Schriftwechsel zwischen der engl. und der niederländ. Regierung
geführt. In der Denkschrift, die der britischen Regierung durch den
niederländ. Gesandten in London am 9. Okt. übermittelt worden ist, wird
ausgeführt, daß die Niederlande auf der einen Seite gebunden sind durch
das Rheinabkommen, das freie Fahrt für alle Waren rheinauf- and rhein-
abwärts gewährt, und auf der anderen durch das fünfte Haager Abkommen,
das die Durchfahrt von Schiffszügen mit Munition oder Proviant durck
ihr Gebiet nicht erlaubt. Nur die Durchfuhr solcher Güter durch die Nieder-
lande von Belgien nach Deutschland ist erlaubt, die in keinem Zusammen=
hang mit militärischen Operationen stehen. Auch ist nicht erlaubt die Durch-
fuhr von requirierten Waren. Gewisse Arten geschmolzenen Kupfers, die
augenscheinlich nicht requiriert sind, konnten jedoch immer durchgeführ
werden. Die Menge von Kies usw., der der Durchgang durch die Nieder,
lande von Deutschland nach Belgien gestattet wurde, war beschränkt auf
die Menge, die der niederländ. Regierung als Ergebnis einer Untersuchung
erschien, die in Belgien durch zwei niederländ. Pionieroffiziere daraufhin
angestellt worden war, ob sie für nichtmilitärische Zwecke notwendig seien.
So wurden 370000 To. zwischen dem 15. Sept. und dem 15. Nov. durch-
gelassen, die ankommen sollten, bevor der Wasserweg zugefroren wäre. Die
Niederlande sind der Ansicht, daß sie durch die Erlaubnis des Durch-
gangsverkehrs in der oben angegebenen Ausdehnung in voller Ueberein-
stimmung mit ihren Pflichten als Neutrale und ihren Vertragsverpflich-
tungen gehandelt haben. Sie waren daher peinlich überrascht über die
Absicht der britischen Regierung, alle Erleichterungen für den niederländ.
Kabelverkehr einzustellen, bis dieser Durchgangsverkehr vollständig aufhöre.
In der Antwort, die Balfour am 23. Okt. an van Swinderen sandee.
heißt es: Bezüglich der Durchfuhr von Metallen von Belgien nach Deutsch-
land behauptet die Denkschrift, daß die niederländ. Regierung auf der einen
Seite durch das Rheinabkommen und auf der anderen durch das Ueber-
einkommen bezüglich der Neutralität in einem Landkriege gebunden sei und
verpflichtet gewesen wäre, diese beiden sich widerstreitenden Verpflichtungen
in Uebereinstimmung zu bringen; sie hätte dies dadurch getan, indem üe
die Durchfuhr von requirierten Gütern verbot. Die Regierung S. Mai.
erachtet diese Schlußfolgerung als unrichtig. Die Verpflichtung für einen
neutralen Staat ist nicht das völlige Verbot der Durchfuhr von requirierten
Waren. Ein neutraler Staat darf nicht erlauben, daß die Kriegführenden
von seinem Gebiete irgendeinen Gebrauch für militärische Operationen
machen. Die Durchfuhr von Schiffszügen mit Munition und Proviant
seitens eines der Kriegführenden würde ein solcher Gebrauch sein. Deshalb
ist die Durchfuhr durch die obenerwähnten Abkommen verboten. Was nun
in dem von der Denkschrift erwähnten Fall stattfinde, laufe auf den Bruch
der einem neutralen Staate obliegenden Verpflichtungen hinaus. Bezüglich
Sand und Kies führt van Swinderens Aufzeichnung aus, daß die nieder-
länd. Regierung durch die Rheinkonventionen verpflichtet ist, alle Güter,
die nicht ausdrücklich unter Art. 2 der Landkriegsneutralitätsvereinbarung
fallen, durchfahren zu lassen, und sie hat ihr möglichstes getan, die Sen-
dungen, die durchgelassen wurden, auf solche für nichtmilitärische Zwecke
zu beschränken. Dieser Sand und Kies wird von Deutschland nach Belgien
nur zu militärischen Zwecken geschickt, und es kann keine Veranlassung geben.