528 Slalien. (November 14.)
Vaterland schon so viele Entbehrungen, Opfer und Schmerzen geforden
hat. werden noch vertrauensvoller und opferwilliger auf den neuen ent-
scheidenden Appell erwidern. Die Soldaten, die sich schon in so vicien
Schlachten mit dem heutigen Eindringling maßen und ihm im Sturme
Festungen und Sltädte entrissen, werden die zerfetzten Fahnen an der Seite
der mit uns brüderlich vereinten Verbündeten erneut vorwärts trager.
Italiener, Bürger und Soldaten, bildet nur noch ein einziges Heer! Zede
Feigheit ist Verrat. Möge mein Ruf unerschütrerlichen Vertrauens in die
Geschicke Italiens in den Schützengräben und in den entferntesten Winkeln
des Vaterlandes vernommen werden und möge er der Ruf auch der
Kämpfenden und des arbeitenden Volkes sein. Dem Feinde, der mehr ou
unsere Uneinigkeit als auf seinen Sieg zählt, müssen wir alle zusammer
einmütig antworten: Wir alle sind bereit, alles für den Sieg und die
Ehre Ztaliens herzugeben.
Bereits am 6. haben mehr als 350 in Rom anwesende Abgeordnete
einen Aufruf an das Land erlassen, in dem jeder Bürger ermahnt wird,
die Pflicht zu erfüllen, die ihm die feierliche Stunde auferlegt. Italier
könne nicht besiegt werden. Es müsse in der Welt seine zivilisatorische
Aufgabe weiter erfüllen.
Am gleichen Tage nimmt die parlamentarische Gruppe der offizieller
Sozialisten eine Tagesordnung an, in der es heißt: Die parlamen-
tarische sozialistische Gruppe gibt in Einklang mit frühern wiederholten Er-
klärungen dem Gemeinschaftsgefühl der sozialistischen Partei mit dem vom
Schicksal betroffenen Lande und mit allen leidenden Kriegsopfern Ausdruck:
sie bekundet ihren Willen, gemeinsam mit allen Parteiorganisationen die
Hilfsaktion zu verstärken und zu erweitern, überzeugt, daß dies das beste
Mittel sei, unter der Bevölkerung die zur Ueberwindung der gqualvollen
gegenwärtigen Stunde notwendige Ruhe zu bewahren.
14. Nov. (Kammer.) Orlando über die Lage.
Ministerpräsident Orlando eröffnet die Sitzung mit einer Rede, in
der er u. a. sagt: Die militärischen Ereignisse der letzten drei Wochen
haben für Italien eine Lage geschaffen, deren außerordentlicher Ernst nicht
beschönigt werden kann. Unglückliche Ereignisse wirkten zusammen, um
die Notwendigkeit zum Rückzug der ital. Streitkräfte zu bestimmen, damit
die Hauptmacht der Armee gerettet werden konnte. Aus strategischen Gründen
mußten die östlichen Einfallstore Italiens dem Eindringen des Feindes
geöffnet werden, und der Feind lagert in Städten, die Bollwerke des italie-
nischen Glaubens waren. Die ital. Armee, die so viele und so wundervolle
Beweise ihres Heldenmuts gegeben hatte, erlitt einen Schicksalsschlag des
Unglücks, dem sich selbst die kriegsgewohntesten und ruhmvollsten Heere
nicht entziehen können. Wir haben diese Armee in den Tagen des Sieges
bejubelt, und wir jubeln ihr im selben Geiste in der Stunde des Ungkücks
zu. Das ganze Volk erwartet von der Armee sein Heil. In ganz Italien
erschallt ein einziger Ruf der aufopfernden Treue für das Vaterland, und
die nationaole Einigkeit offenbart sich in herrlicher Weise. Dieses Schauspie:
der unendlichen Schmerzen, die so edel ertragen werden, zeigt der Regierurg
ihre genaue Pflicht. Als erste Maßregel hat die Regierung bereits die
Stelle eines Oberkommissars geschaffen, der mit der Leitung der Hilis-
leistungen für die Flüchtlinge betraut ist. Die parlamentarische Krise ver-
langte eine rasche Lösung. Die Männer, die zur Macht berufen wurden.
laubten diesem Ruf ohne Zögern folgen zu müssen. Die Regierung inn
ich des Ernstes der Stunde voll bewußt und wünscht eine gründliche und
schnelle Besprechung der Lage. Aber jetzt muß gehandelt und nicht gereder