80 Pie östrrHihisch-ungarische Moenerchie. (Mai 25.—28.)
Bezüglich der Zensurfrage wird von allen Seiten auf das ent-
schiedenste betont, daß man sich mit allen Mitteln dagegen wehren müsse,
daß Reden von außenstehenden Organen zensuriert würden.
Bezüglich der Präsidentenfrage erklärt Abg. German, daß der
Polenklub die Abstimmung freigegeben habe. Die Vertreter der deutschen
Soz., der Slowenen, Tschechen und Ruthenen erklären, daß ihre Klubs noch
keinen Beschluß gefaßt hätten, weisen jedoch auf die in ihren Klubs gegen
die Person des Kandidaten des Deutschen Nationalverbandes, Abg. Dr. Groß,
herrschende Abneigung hin. Abg. Wassilko beantragt, die großen Par-
teien sollten mit dem Deutschen Nationalverbande in neue Beratungen ein-
treten, um vielleicht doch einen Bewerber ausfindig zu machen, der dem
ganzen Hause genehm wäre. Die Redner des Nationalverbandes und der
Christlichsozialen Vereinigung erklären, an der Kandidatur Groß festzuhalten.
25. Mai. Freigabe der Erörterung der Kriegsziele.
Aus Wien wird gemeldet: Wie die Blätter erfahren, wird unter ge-
wissen Beschränkungen in der allernächsten Zeit die Besprechung der Kriegs-
ziele der Monarchie für die Presse freigegeben werden. (S. ouch S. 92 f.)
26. Mai. (Cisleithanien.) Kriegsschulden bis Ende 1916.
Nach dem Bericht der Staatsschuldkontrollkommission betrugen Ende
1916 die Kriegsschulden Oesterreichs ohne Ungarn 31,39 Milliarden
Kr. (gegen Ende Juni 1916 mehr 6.31 Milliarden). Sie bestanden aus
Darlehen der Oest.-Ung. Bank in der Höhe von 8,19 (mehr 1,76) Milli-
arden, nach Abrechnung der Notensteuer, mit einem jährlichen Zinserforder-
nis von 86,5 Mill.; aus Vorschüssen der Oesterreicher-Gruppe von 3,19
Milliarden als Voreinzahlungen auf die Kriegsanleihe im Betrage von
3,29 Milliarden (mehr 2205 Mill.) mit einem jährlichen Zinserfordernis
von 140 Mill.; aus Markschatzwechseln, begeben an die deutsche Gruppe,
mit 1839,9 (mehr 575,4) Mill. mit einem Zinserfordernis von 94.3 Mill.;
aus Staatsschatzscheinen von 4,1 (mehr 4,1) Mill., begeben an eine aus-
ländische Gruppe, und aus fünf Kriegsanleihen mit 18,03 Milliarden mit
einem jährlichen Zinserfordernis von 993 Mill. Mit den vor Kriegsaus-
bruch ausgenommenen Staatsschulden betrug die gesamte Staatsschuld
Oesterreichs Ende 1916 44,23 Milliarden mit einem jährlichen Zinserforder-
nis von 1763,2 Mill. Kronen.
26. Mai. (Cisleith.) Staatl. Bewirtschaftung der Getreideernte.
Durch Verordnung des Gesamtministeriums über die Regelung des
Verkehrs mit Getreide, Mehl und Hülsenfrüchten wird die Beschlagnahme
von Getreide und Hülsenfrüchten der Ernte zugunsten des Staates
mit dem Zeitpunkte der Trennung vom Ackerboden bestimmt. Verträge,
durch welche die Ernte in diesen Früchten gekauft wird, sind verboten und
ungültig. Auch vor Eintritt der Beschlagnahme dürfen inländisches Ge-
treide und Hülsenfrüchte nicht gekauft und nicht verkauft werden. Weiter-
hin bestimmt die Verordnung eine Vorratsaufnahme und Verbrauchsrege-
lung durch das Amt für Volksernährung und sieht Zwangsmaßnahmen und
Strafbestimmungen vor.
26. Mai. Das „Armeeverordnungsblatt“ meldet die Ernennung
des Feldzeugmeisters Ritter Rohn von Hermannstädten zum
Stellvertreter des Kriegsministers.
28. Mai. Der Ministerpräsident zur ukrainischen Frage.
Ministerpräsident Graf Clam-Martinic erklärt in einer Besprechung