Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

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weil sie dessen zu der ihr obliegenden freien Entschliessung 
ständig bedarf und auf die Erzeugnisse der langsam arbeitenden 
Gesetzgebungsmaschinerie nicht warten kann, zur Aufrecht- 
erhaltung des staatlichen Lebens einseitig Normen allgemein 
bindender Natur aufzustellen, nicht minder bedarf die Verwaltung 
zur Durchführung ihrer Aufgaben dieser Möglichkeit. Diese 
gesamten, von Regierung und Verwaltung einseitig aufgestellten 
Rechtsnormen führen im Gegensatz zum Gesetz im konstitutionellen 
Staat den Namen Verordnung. Unter Berücksichtigung der 
Thatsache, dass eine dritte Formulierung staatlichen Willens das 
Urteil ist, wird in der Litteratur die Verordnung dahin 
definiert, dass sie sei diejenige staatliche Willens- 
erklärung, welche nicht Gesetz und Urteil ist (Jellinek); 
Gesetz ist dann die vom Inhaber der Staatsgewalt unter ver- 
fassungsmässiger Mitwirkung der Volksvertretung aufgestellte 
Rechtsnorm. 
Demnach ist im konstitutionellen Staat der Gegensatz von 
Gesetz und Verordnung ein formeller. Damit kann aber das 
Staatsrecht nicht ausreichen, es verlangt, dass diese beiden Norm- 
erscheinungen in ein festbestimmtes Verhältnis zu einander ge- 
Setzt werden. 
Wenn nun auch Gesetz und Verordnung beide gleichmässig 
in ihrer rechtlichen Möglichkeit durch das Staatsrecht gebunden 
sind, so ergiebt die natürliche Superiorität des (resetzes von 
selbst, dass wohl eine Verordnung durch Gesetz, nicht aber 
dieses durch jene beseitigt werden kann. Daraus ist dann der 
allgemeine Grundsatz abgeleitet, dass eine Verordnung nicht 
contra legem sein dürfe. Weiter wird man aber, so bedauer- 
lich dies auch praktisch ist, die Begriffe Gesetz und Verordnung 
allgemeingültig materiell nicht abgrenzen können. Die ver- 
schiedene Bewertung der Gegenstände, die wechselnden Auf- 
gaben des Staates, die Notwendigkeit einer freien Regierungs- 
thätigkeit, sie alle verbieten eine ein für allemal geltende Fixierung, 
welche Materien durch Gesetz, welche durch Verordnung ge- 
regelt werden sollen. Das wird vielmehr für alle Zeiten Auf- 
gabe des einzelnen positiven Staatsrechtes sein. Nur das sei an 
dieser Stelle noch hervorgehoben, dass ein Staat, der nur mit 
Gesetz auskommen will, undenkbar ist. Mit Rücksicht auf die, 
wie schon betont, mit der Inhaberschaft der Staatsgewalt ver- 
bundene freie Entschliessung muss dem Inhaber die rechtliche
	        
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