Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

5. Geschichte 
des Staats- 
rechts. 
Erste Periode 
bis zur Refor- 
mation. 
Rezesse. 
— 10 — 
des Stadtfriedens entwickelt sich eine volle städtische Gerichts- 
barkeit, der Rat wird Obergericht, das Vogtgericht Niedergericht, 
der Vogt städtischer Beamter. 1241 wird mit Lübeck der be- 
rühmte Bund zum Schutz des Handels geschlossen, der Ausgangs- 
punkt der Hansa. Die eifrige Teilnahme der Stadt an den 
Kriegen der Grafen mit Dänemark auf seiten der ersteren, das 
Wohlwollen der Grafen gegen Hamburg, die Zugehörigkeit zur 
Hansa, die Steuer-, die Zollfreiheit, die Münzgerechtigkeit, das 
alles lassen Hamburg als ein selbständiges Glied, als ein Indi- 
viduum in der Staatengesellschaft erscheinen, 1510 erhebt Kaiser 
Maximilian Hamburg zur freien Reichsstadt. Freilich ist es mit 
diesem Schritt auch noch nicht der Prätensionen Dänemarks 
ledig geworden, das stets Hamburg als seine erbunterthänige 
Stadt in Anspruch nahm und Huldigung verlangte. Nach mannig- 
fachen, auch kriegerischen Differenzen verschaffte erst der Gottorper 
Vergleich 1768 Hamburg hier Ruhe. 
Das Recht dieser unabhängigen (Grebietskörperschaft, das 
hamburgische Staatsrecht, ist natürlich wie der Staat ein 
Kind der Geschichte. 
Anfänglich reichte man vollkommen ohne ein eigentliches 
geschriebenes Staatsrecht aus. Der Graf verwies die Hamburger 
an das Soester und Lübecker Recht. Namentlich dem letzteren 
konform entwickelte sich eine hamburgische Gewohnheit, die 
dann noch mannigfache Ausbildung in der gemeinen hansischen 
fand. Einzelne zerstreute staatsrechtliche Bestimmungen fanden 
sich auch im Stadtrecht. Die erste Sonderaufzeichnung solcher 
Maximen soll im Jahre 1405 nach Tratziger in Artikeln geschehen 
sein, die der Rat wegen eines Feldzuges gegen die Dithmarschen 
bewilligen musste. Diese sind aber nicht bekannt und die Nach- 
richt ist nicht bestätigt. 
Vielmehr wurde die Geltungszeit des ungeschriebenen und 
gewohnheitsrechtlichen Staatsrechts in Wahrheit erst beendet 
durch den berühmten ersten Rezess von 1410. Unmittelbar 
zwar veranlasst durch die angeblich ungerechtfertigte Verhaftung 
eines Bürgers, Heine Brandes, in ihren tieferen Ursachen aber 
durch die die ganze Hansa erfassende Spannung zwischen Hand- 
werkern und Kaufleuten begründet, entwickelte sich eine bürger- 
schaftliche Bewegung gegen den Rat, die zunächst zur Wahl von 
60 angesehenen Männern auf den Maria Magdalenen-Kirchensaal 
als Bürgervertreter führte. Die Sechziger verhandelten mit dem
	        
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