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Zwar hatte man die Kirche vom Staat freigemacht, diese aber
durch die Verfassungsbestimmung, dass alle Kultusdiener vom
Staat besoldet werden sollten, wieder fest an die, das belgische
Bekenntnis beherrschende, katholische Kirche gefesselt.
Was in Hamburg gefordert wurde, ward (resetz in den Die deutschen
deutschen Grundrechten. Nach ihnen gab es keine StaatskirchedieKonstituante.
mehr, eine neu sich bildende Kirche bedarf keiner staatlichen
Anerkennung. Die „Religionsgesellschaften“ sind nichts wie sich
selbst verwaltende Vereine des gemeinen Rechts; weder kann
Jemand zur Bekanntgabe des Bekenntnisses gezwungen werden,
noch ist dieses oder seine Formen eine Voraussetzung von öffent-
lich-rechtlicher Bedeutung. Von der Besoldung der Kultusdiener
schweigen die Grundrechte.
Dem Plenum der hamburgischen Konstituante that
der Verfassungsausschuss, der in seinem Entwurf Artikel 5,
S$ 20—27 die Grundrechte aufnahm, noch nicht genug, vielmehr
wurde auf Anregung des Hauptpastors Alt von St. Petri ein
Ausschuss niedergesetzt, der die Frage der sich neubildenden
Religionsgesellschaften und die der staatlichen Besoldung der
Kultusdiener speziell prüfen sollte. Obwohl bei Berichterstattung
ein Teil der Versammlung ausdrücklich die „Trennung“ von
Staat und Kirche und das Verbot staatlicher Unterstützung der
Religionsgesellschaften ausgesprochen wissen wollte, beliess man
es bei der „negativen Fassung“ der Grundrechte. Sie fanden
sich in Artikel 29—35 der Verfassung vom 11.7. 1849 und
verkündeten das Prinzip des sogenannten religiösen Indiffe-
rentismus des Staates.
Gerade aber die Bezugnahme auf die Grundrechte sollte in
diesem Punkte der Konstituantenverfassung verhängnisvoll werden.
Denn sie war mit ihrer Bestimmung, dass die Aufsicht über
den Religionsunterricht den Geistlichen entzogen sein sollte,
über diese hinaus gegangen. Hier setzte die Agitation des
Ministeriums geschickt ein. Wenn daher die Maiverfassung
auch im allgemeinen Artikel 7 auf die deutschen Grundrechte
verwies, so traf sie doch in Artikel 107 eine grundsätzliche
Änderung, indem sie an Stelle der nicht nur konfessionslosen,
Sondern sogar religionslosen Schule der Konstituante die Schule
mit offiziellem Religionsunterricht setzte und in der neuen Ober-
schulbehörde für den Religionsunterricht der Geistlichkeit einen
Platz anwies. Konstituante und Maiverfassung hatten den Geist-