Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

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die Staatsgewalt schlechthin geworden. Die solche Staats- 
gewalt verkörpernde Machtfülle, welche in der Hand des auto- 
kratischen, widerspruchsfreien Königs vereinigt war, erschien 
gleichfalls als eine Souveränität und ihr rechtlicher Inhaber 
als Souverän. So stellte sich im Sprachgebrauch neben die 
eigentliche völkerrechtliche und äussere Souveränität eine innere 
Souveränität, die in Wahrheit nichts war wie die recht- 
liche Möglichkeit über die gesamte Staatsgewalt zu ver- 
fügen. Der Besitz jener stellt also ein vollkommenes Selbst- 
bestimmungsrecht des bestimmten Staates fest, diese besagt 
nur, wo der Sitz dieser Selbstbestimmung ist. 
Um die Begriffsverwirrung voll zu machen, stellte sich die 
weitere Gewohnheit ein, von Fürsten- und von Volkssouve- 
ränität zu sprechen. Diese Wendung wollte nur bezeichnen, 
woher dem Inhaber der Staatsgewalt diese Inhaberschaft geflossen 
war. Fürstensouveränität in diesem Sinne involvierte die 
Behauptung, dass dem Inhaber der Besitz der Staatsgewalt zu 
teil geworden sei durch einen auf göttlicher oder anderer Ein- 
setzung beruhenden, auf jeden Fall ausserhalb des Willens des 
Volkes liegenden Akt und dass einem solchen Souverän die 
Unterthanen lediglich als Objekte seiner von ausserhalb her ihm 
gewordenen Herrschaft gegenüberständen. Volkssouveränität 
dagegen will besagen, dass die eigentlichen menschlichen Subjekte 
der Herrschaft die Volksgenossen seien und dass diese nur 
wegen praktischer Unausübbarkeit die ihnen gebührende Herr- 
schaft einem oder mehreren Organen übertragen haben. 
Nun ist ohne weiteres klar, dass der Mangel der äusseren 
Souveränität, also das Vorhandensein einer Abhängigkeit von 
andern Gewalten, gerade nach der Seite der inneren Souveränität 
wirkt, weil dadurch der Inhaber der Staatsgewalt wegen der 
äusseren Abhängigkeit sie nicht gebrauchen kann, wie er will. 
Eine solche Bindung der Staatsgewalt ist in allen geschichtlichen 
Zeiten bei Gebilden vorgekommen, die politisch schlechthin als 
Staaten behandelt sind, und mit Recht verwirft daher heute die 
gemeine Meinung den Besitz der Souveränität als ein not- 
wendiges Requisit des Staates. 
Hamburg hat denn auch eine solche gänzliche Unabhängigkeit 
nicht besessen und nicht besitzen können, so lange es eine hol- 
Fürsten- und 
Volks- 
souveränität. 
Hamburg ein 
nichtsouveräner 
Staat.
	        
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