Die hambur-
rische Staats-
gewalt.
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steinische Landstadt war, ja auch als freie Reichsstadt stand es
durchaus unter dem Kaiser. Dass es mittels der Zugehörigkeit
zur Hansa eine eigentümliche Machtstellung einnahm, vielleicht
schon damals ein vollkommener Staat war, hat mit der Souve-
ränitätsfrage nichts zu thun. Hamburg ist eben von jeher ein
Kleinstaat gewesen. Als solcher vermochte es niemals eine selbst-
ständige politische Grösse zu sein, nur die Verbindung mit anderen
grösseren Staaten, also die äussere Abhängigkeit gab Macht,
Einfluss, Ansehen. Zutreffend hat man daher auch die Souve-
ränität als einen politischen im Gegensatz zu einem Rechts-
begriff bezeichnet. Denn gerade die Zeit, da Hamburg rechtlich
eine formelle Souveränität zukam, die von 1806 bis 1811 nach
Untergang des alten Reiches, hat Hamburg abhängiger gesehen
als je, und die schliessliche Einverleibung in das französische
Kaiserreich war kaum noch als eine Alteration der thatsächlichen
Verhältnisse zu betrachten. Auch der Deutsche Bund hat als
völkerrechtliches Band seinen Gliedern die formelle Souveränität
gelassen, die vollendete Abhängigkeit Hamburgs zeigte sich aber
aufs deutlichste in der Verfassungsfrage. Dieser Sachlage gegen-
über muss sogar die Einfügung Hamburgs in den Reichsverband
als eine Verbesserung betrachtet werden. Zwar hat es jetzt auch
die formelle Souveränität wie die anderen Bundesstaaten verloren
(Haenel, Laband, Jellinek, v. Melle); allein jetzt ist der Grad
seiner Abhängigkeit im Gegensatz zu der früheren durch die
politische Kombination gegebenen Unmessbarkeit festgelegt und
was darüber an Selbständigkeit hinausliegt, durch die Reichs-
verfassung gewährleistet.
Wie also mit Recht stets von vornherein angenommen war, ist
Hamburg auch ohne Souveränität stets ein Staat gewesen, weil es
im Besitz einer Staatsgewalt war. Nicht der Besitz der
Douveränität, sondern der der Staatsgewalt entscheidet!
Eine Staatsgewalt ist aber da gegeben, wo ein Gemeinwesen die
Fähigkeit besitzt, sich lediglich auf Grund eigener Gesetze zu
organisieren und zu herrschen (Jellinek). Und das hat Hamburg
vermocht. Auf die Feststellung des Besitzes dieser Fähigkeit
legte der Senat auch dem Deutschen Bund gegenüber in der
Verfassungsfrage besonderen Wert! Die Schaffung der wählenden
Bürgerschaft, die Organstellung von Senat und Bürgerschaft, das
Walten der Funktionen ist lediglich auf hamburgischen Willen
zurückzuführen, beruht auf hamburgischen Gesetzen.