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des Rats, die sogenannten Prärogativen, hat man ihm grund-
sätzlich nie verkümmern wollen. Sogar die Abnahme der Kammer-
verwaltung 1563 zielte nicht auf eine Reduktion der Verwaltung
des Rats, sondern bezweckte nur eine budgetmässige Kontrolle
der den jährlichen Schoss bewilligenden Bürgerschaft.
Das ursprüngliche Gebiet der gemeinsamen Gesetzgebung
darf man sich nicht allzu gross vorstellen. Ausser den Krieg-
und Steuerfragen, regelmässig eng miteinander verknüpft, kam
von der Gesetzgebung eigentlich selten etwas an die Bürgerschaft.
Sogar die Redaktion des Staatsrechtes im romanistischen Sinne
überliess man arglos dem Rat allein. Was sonst an legislatorischen
Bedürfnissen sich herausstellte, vermochte der Rat mittels einer in
Justiz und Verwaltung wild wachsenden Legislative zu bewältigen.
Erst mit der Reformation sucht die Bürgerschaft die Kompetenz
der gemeinsamen Gesetzgebung zu erweitern. Die bürger-
liche Aufmerksamkeit wandte sich den Interna des Rats: Rats-
wahl, Ratseid, Ämterumsetzung zu; man schärfte durch Rezesse
über Rezesse dem Rat seine Pflichten und die Grenzen seiner
Thätigkeit immer wieder ein. Thatsächlich vermochte der Rat,
weil er als die verschwindende Minderheit mit allen positiven
Machtmitteln auf den guten Willen der von ihm regierten Bürger
angewiesen war, trotz seines Gottesgnadentums, trotz der neueren
Behauptung, dass er seine Gewalt vom Kaiser habe, gegen solche
wachsende Kompetenzüberschreitung der an sich gemeinsamen
Gesetzgebung durch die Bürgerschaft nichts zu machen. Er sah
Sich daher bald, Stück für Stück seiner bedrängten Herrlichkeit
zähe verteidigend, auf formale Protestationen und Reservationen
beschränkt. Diese gedrückte Stellung des Rates erweckte in den
Bürgern die Anschauung, dass ihnen allein ein schrankenloses
Disziplinarrecht gegen den Rat zustände Ein solches wurde
dann, immer unter Widerspruch des Rats, kräftigst geübt; Rats-
herren wurden durch die Bürgerkonvente allein abgesetzt —
1707 nicht weniger als sieben — ihnen ward Honorar und Rats-
Stuhl gesperrt, neue wurden gewählt, introduziert, beeidigt. Diese
Übung der schrankenlosen Disziplinargewalt rief dann weiter die
Anschauung hervor, dass jeder Widerspruch des Rats gegen einen
bürgerschaftlichen Beschluss ein verbotener Ungehorsam sei.
Zu der weiteren Prätension, dass die Bürgerschaft mittels ihrer
Schlüsse alles vermöge, war nur ein Schritt. So kam es, dass
am 8.10. 1696, als der regierende Bürgermeister Schulte sich