Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

2. Der Haupt- 
TEZESB. 
— Bo — 
weigerte, gewohnheitswidrig allein, ohne Begleitung des Plenums, 
unter der Krone im Bürgerkonvent zu erscheinen, der Grundsatz 
proklamiert wurde, dass, wenn die Bürgerschaft versammelt, bei 
ihr das „höchste Recht“ sei, Bürgermeister und Rat dann aber 
nicht anders denn als Mitbürger zu konsiderieren seien. 
Eine weitere Folge war, dass diese allein gesetzgebende 
Bürgerschaft ständig in Justiz und Verwaltung hinüber griff. 
Der Rat, dem zuweilen die kaiserlichen Kommissionen etwas Luft 
in seinen Bedrängnissen verschafften, war völlig lahm gelegt. 
Die Bürgerschaft übte thatsächlich alle Staatsgewalt 
allein aus. Sie that dies aber ausschliesslich in den Formen 
der ihr verfassungsmässig zustehenden Mitgesetzgebung, indem 
sie zu ihren Schlüssen die Zustimmung des Rats entweder erzwang 
oder fingierte. Sie stellte auch nicht — den Fall der Dreissig 
unter Snitger und Jastram vielleicht ausgenommen — ausser den 
bürgerlichen Ausschüssen eigene Behörden auf, sondern beherrschte 
den Staat ganz allein mittels der Schlüsse in den Konventen, die 
sie natürlich unbesehen ad hoc und in personam fasste. 
Den Bettlermantel der Theorie für diese Gesetzwidrigkeiten 
lieferte der Bürgerschaft das „Manifest der bürgerlichen Freyheit“ 
(August 1699), wahrscheinlich vom Lic. Zimbertus Amsink ver- 
fasst, glänzend geschrieben, das jahrelang die politischen Köpfe 
Hamburgs belerrschte. Eine ratsständische Widerlegung von 
Garlieb Sillem (1708) blieb ungedruckt. 
Die Aufgaben der friedenstiftenden kaiserlichen Kommissionen 
von 1708 waren also dreifach: 
1. Die Form der Gesetzgebung war auf den ursprünglichen 
Stand zu bringen. 
2. Die Gegenstände der Gesetzgebung mussten wieder ge- 
ordnet werden. 
3. Das Mass und die Art der Ausübung der Disziplinar- 
gewalt war festzustellen. 
In Lösung dieser Aufgaben stellte das Reglement der Rats- 
Bürgerkonvente vom 8.8.1710 die Formen der fortan von Rat und 
erbgesessenen Bürgerschaft gemeinsam zu fassenden Schlüsse fest, 
und bestimmte ihre Gegenstände (Artikel II) dahin, dass per- 
sönliche Ansprüche, Kriminalsachen, Beschwerden gegen Magistrate 
und Ämterstreitigkeiten ausgeschlossen sind; der Hauptrezess von
	        
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