Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

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1712 weist „salva reservatione, dass die Regalia der ganzen 
Stadt zustehen,“ Justiz und Verwaltung, diese unter bürgerlicher 
Assistenz, mit Aufzählung vieler Details dem Rate ausschliesslich 
zu, dergestalt, dass sie „durch extraordinaire Deputationen, Inqui- 
sitionen und dergleichen nicht turbiret werden.“ Für andauernden 
Dissens wird eine gemischte Entscheidungsdeputation ein- 
gesetzt, für delinquierende Ratsmitglieder als letzte Disziplinar- 
instanz, nach dem Spruch des Niedergerichts, eine aus acht Rats- 
und zwölf bürgerlichen Gliedern bestehende Appellationsinstanz. 
Das Gebiet der so der Erbgesessenen Bürgerschaft verbliebenen 
Mitgesetzgebung charakterisiert Artikel XVI des Rezesses dahin: 
„Wann ganz neue Gesetze zu machen, hat E. E. Raht und die 
gesamte Erbgesessene Bürgerschafft sich darob zu vergleichen, und 
ebenfalls nach der in den Reglement von Rahts- und Bürger- 
conventen angewiesenen Methode zu verfahren.“ Entsprechend 
wies Reglement II. 11. alle Sachen an Rat und Kollegien allein, 
„wann die Sachen nicht von der Importanz, dass der gesambten 
Bürgerschafft Approbation dazu nötig.“ 
Materiell war also die einst allmächtige allgemeine Bürger- "grensn° 
schaft jetzt als rekonstruierte Erbgesessene Bürgersehaft be- 
schränkt auf das Mitgesetzgebungsrecht im besprochenen Umfange 
und das Mitdisziplinarrecht in der Berufungsinstanz. Für dieses 
Verhältnis hat Artikel I des Hauptrezesses die berühmte Formel 
gefunden: „dass solch xvg.ov, oder das höchste Recht und 
Gewalt bey E. E. Raht und der Erbgesessenen Bürgenschafft inse- 
parabili nexu conjunctim und zusammen, nicht aber bey einem 
oder anderm Theil privative bestehe, und dass dannenhero, so 
lange Raht und Bürgerschafft nicht zu einem einmüthigen und 
ireywilligen Schluss gekommen, des einen Theils Resolution und 
Entschliessung für keinen gültigen weder E. E. Raht noch die 
Erbgesessene Bürgerschafft verbindenden Schluss geachtet.“ 
Mit dem Kyrion hat der Hauptrezess also einen bestimmten Aw Keraino- 
terminus technicus geschaffen. Interessant ist die Geschichte der 
Prägung dieses Ausdrucks. Die Litteratur der bürgerlichen Un- 
ruhen hatte mit superioritas et juris dietio terrae, superioritas 
Suprema, suprema und summa potestas circa sacra und circa 
Secularia oder profana u. a. operiert. Noch die Erläuterungen 
zu des Rats Prärogative vom 16.12. 1710 sprechen von summa 
Potestas. Plötzlich taucht das Kyrion auf in dem am 9.4. 1711 
dem Rat und der Bürgerschaft zugestellten Projekt des Haupt-
	        
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