Der Senat im
konstitutio-
nellen Allein-
besitz der Staats-
gewalt.
— 60 —
sekundäre, Senat und gewählte Bürgerschaft. Beide fungieren
nicht mehr aus eigenem Recht, sondern kraft Übertragung.
Da aber das primäre Organ durch die Verfassung auf die Wahlen
beschränkt ist, so ist trotz der veränderten rechtlichen Kon-
struktion, trotz der zweifellosen Hamburgischen Volkssouveränität,
thatsächlich der alte Zustand wieder hergestellt. Der Anteil der
Bürgerschaft an der Staatsgewalt ist wieder nur der des Kyrion,
Gesetzgebung und Disziplinargewalt. In allen anderen Dingen
rücksichtlich der Fähigkeit, die Staatsgewalt zu gebrauchen recht-
lich unbeschränkt, hat auch der Senat wiederum die Stellung
eines lediglich durch die konstitutionellen Rechte der Bürgerschaft
gefesselten Monarchen gewonnen. Praktisch ist also der Senat
im konstitutionellen Alleinbesitz der Staatsgewalt!
Dieses, weil der traditionellen Auffassung, die ich selbst
früher ungeprüft hingenommen habe, widerstrebende, vielleicht
etwas befremdlich scheinende Resultat ist für das Staats-
recht das einzig Verwendbare! Denn nun erklärt sich ohne
Mühe, die sonst unbegreifliche Thatsache, dass der Senat die
hamburgische Regierung ist, nicht minder erscheint er,
soweit es sich um landesherrliche Anordnungen handelt, als
Landesherr, er ist im Verhältnis zum Reich bundesstaatliche
Zentralbehörde. Das sind ebenso wie der Besitz des Ver-
ordnungsrechtes Postulate, die für ein vernünftiges Einpassen
der Republik Hamburg in den monarchischen Charakter des
Reiches gänzlich unerlässlich sind und die eine staatsrechtliche
Konstruktion, die die Ausübung der Staatsgewalt schlechthin
Senat und Bürgerschaft zuweist, einfach nicht erfüllen kann!
Die Konstruktion verliert aber auch ihre vermeintlichen
Schrecknisse, wenn man bedenkt, dass der Senat rechtlich
allerdings in jenem Umfange von der Bürgerschaft völlig un-
abhängig ist, dass er aber politisch durchaus in einer gewissen
Abhängigkeit gehalten wird. Im gegebenen Einzelfalle kann
der Senat — und das ist gewiss als ein unbedingter Vorteil zu
bezeichnen — gegen Meinung und Willen der Bürgerschaft die
Staatsgewalt ausüben; für die Dauer aber gegen die dort herr-
schenden Überzeugungen und Prinzipien zu regieren vermag
er nicht! Nicht nur, weil er selbst aus den Wahlen der
letzteren hervorgeht, nicht nur, weil die Gewählten selbst bisher in
der Bürgerschaft zu sitzen pflegten, sondern auch, weil der Senat,
in den Persönlichkeiten seiner Mitglieder nicht mit der Un-