_ 2 —
politik behinderte Bürgerschaft, so fällt ihm doch der Löwen-
anteil der Initiative zu. Auch kann der Senat nicht — wie
sonst die konstitutionellen Regierungen regelmässig — die Bürger-
schaft auflösen, vertagen oder schliessen, das würde ja das ge-
meinsame Kyrion illusorisch machen, Dagegen wird man ganz
unbedenklich dem Senat dann, wenn er als gesetzgebender Faktor
seine Rolle vollendet hat, ein Recht und eine Pflicht beilegen
müssen, durch übereinstimmenden Beschluss von Senat und Bürger-
schaft begründete Gesetze vor der Publikation auf ihre verfassungs-
mässige Entstehung und ihre Zweckmässigkeit zu prüfen. Publi-
kation trotz eines solchen klar erkannten Mangels verstösst gegen
die Regentenpflicht. Ungeachtet des vorgeschriebenen 14 tägigen
Publikationszwanges muss der Senat durch dringliche Anträge,
durch Hinausschiebung des Termins für das in Krafttreten und
ähnliche Mittel verfassungsmässig das Leben des so beurteilten
Gesetzes wieder zu vernichten trachten! Endlich hat der Senat
den gesetzlichen Bestimmungen über Gerichtsstand, Verhaftung,
Haussuchung, Presse und Versammlungsrecht gegenüber ein ver-
fassungsmässiges Suspensionsrecht im Falle des Krieges und Auf-
ruhrs auf vier Wochen, allerdings unter sofort einzuholender
Genehmigung der beschlussfähigen Bürgerschaft oder des Bürger-
ausschusses (Artikel 102. 103). Natürlich setzt auch hier das
Reichsrecht hamburgischen Massnahmen eine Schranke.
Die allgemeine Deklaration dieser senatorischen Regierungs-
rechte sehe ich in Artikel 20: der Senat hat die gesetzliche
Ordnung aufrecht zu erhalten, und die Sicherheit des
Staates zu währen, eine Bestimmung, durch welche die dem
Senate durch Artikel 22 für das Auswärtige verlesene Staats-
repräsentation und Staatsvorstandschaft zur allgemeinen
ausgedehnt ist. Der Thatsache geht die Ausübung des dem
Staate zustehenden Aufsichtsrechtes über Gemeinden und Religions-
gesellschaften (Artikel 28) durch den Senat durchaus konform.
Die Ehrenrechte Diesen Thatbestand der allgemeinen Staatsrepräsen-
tationund VorstandschaftdesSenates bringt dashamburgische
Staatsrecht durch eine Reihe von den Senat auszeichnenden Be-
stimmungen zum Ausdruck, die teils blosse Ehrenrechte sind, teils
formale Überreste früherer materieller Regierungsrechte. Zu
letzteren ist jetzt, als Residuum des kriegerischen Oberkommandos
des Rats, zu zählen das nach Massgabe der Reichsverfassung
und der Militärkonvention verbliebene Recht des Senats, die im