Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

Das Verantwort- 
lichkeitsgesetz. 
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Amtes Beamter (Laband). Vielmehr hindert gerade die kollegiale 
Teilnahme an der Inhaberschaft der Staatsgewalt einem 
Senator die zwei Charakteristika beizulegen, welche für einen 
Beamten bestehen. Ein Senator erhält weder eine dem öffentlich- 
rechtlichen Vertrag zwischen ihm und dem Staat ausdrückende 
Bestallung, noch besitzt er einen, mit dem Dienstverhältnis 
eines Beamten notwendig verbundenen Vorgesetzten. Der 
Senator verwaltet nicht einen übertragenen Zweig der Staats- 
gewalt, sondern diese ruht mit ihrer ganzen Fülle bei ihm nach 
seinem kollegialen Anteil. Er ist nicht wie ein Beamter im 
Dienstwege angestellt, sondern er ist durch das primäre Willens- 
organ des Staates berufen. Aus diesem Verhältnis ergiebt sich 
die Unmöglichkeit eines Dienstvergehens der Senatoren und damit 
die Anwendung des Disziplinargesetzes für Beamte. Man hat das 
für einen Mangel gehalten und daher versucht, für die Senats- 
glieder eine besondere Verantwortlichkeit zu schaffen. 
Welche Rolle geschichtlich die Verantwortlichkeitsfrage der 
Ratsmitglieder und die Ausübung der eventuellen Strafgewalt 
gespielt hat, ist im Kapitel über das Kyrion gewürdigt. An 
Stelle der, meist bei Gelegenheit der Umsetzung der drei Rats- 
orden geübten Selbstgerichtsbarkeit und des von der Bürgerschaft 
in den Tumultzeiten angemassten Disziplinarrechts hatte der Haupt- 
rezess ein Verfahren gesetzt, welchem zufolge nach vergeblicher 
Admonitur des delinquierenden Ratsherrn durch die Kollegen zu- 
nächst das Niedergericht und dann eine aus acht Ratsgliedern und 
zwölf Bürgern bestehende Appellinstanz Recht sprach. Die Konsti- 
tuante sah die Ratsverantwortung an unter dem Gesichtswinkel 
einer Ministerverantwortlichkeit und hielt diese, wie man 
trotz der überaus schlechten Erfahrungen, die man mit den Minister- 
anklagen durch die Stände in Kurhessen und Nassau gemacht hatte, 
ganz allgemein that, für eine der stärksten Verfassungsgarantien. 
Demnach machte sie ihren, durchaus als Beamtenkollegium behan- 
delten Rat einzeln und als Plenum verantwortlich und zwar im 
letzteren Falle alle Ratsglieder, welche ihre Abstimmung gegen den 
verletzenden Beschluss nicht nachweisen konnten. Das Strafrecht 
sollte in einem besonderen Gesetz bestimmt werden (Artikel 121), 
die Bürgerschaft hatte ein Anklagerecht (Artikel 82). Trotz 
ihrer geschichtlichen Rekonstruktion hielt auch die Maiverfassung 
noch an einem solchen Anklagerecht der Bürgerschaft fest 
(Artikel 51), Während die Entwürfe 1855—1856 in Artikel 89
	        
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