Straf- und Zivil-
rechtlich.
Politisch.
Staatsrechtlich,
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antwortlichkeit der Senatsglieder praktisch im Recht überall noch
Raum ist. Das verheissene Gesetz ist bisher nicht ‘erlassen.
Denkbar ist nur, dass ein Senatsmitglied im Senat oder in der
Deputation — von der nicht hierher gehörigen Verantwortlich-
keit der bürgerlichen Deputationsmitglieder wird an anderer
Stelle gesprochen — sich verantwortlich macht nach der straf-
rechtlichen, der vermögensrechtlichen, der politischen
und der staatsrechtlichen Seite hin.
Die beiden ersteren Deliktskategorien kann ein hamburgisches
Verantwortungsgesetz nicht meinen, weil die regelmässigen Mittel
des Straf- und Zivilprozesses ja auch gegen Senatsglieder voll-
kommen freigegeben sind.
Was dann die politische Verantwortlichkeit anlangt, so
kann sich diese nur auf die Frage der Zweckmässigkeit einer
von dem inkrimierten Senatsmitgliede vorgenommenen Staats-
handlung erstrecken, z. B.: ob eine Anleihe praktisch begeben ist,
ob ein Akt der äusseren Politik dem Staatsinteresse entspricht.
Ein objektives Recht und Unrecht lässt sich hier überall nicht er-
mitteln, vielmehr ist die Handlung diktiert einfach von der grösseren
oder geringeren Erfahrung, dem höheren oder niederen Intellekt.
Einen hier gleichfalls subjektivem Befinden unterworfenen parla-
mentarischen oder juristischen Gerichtshof zur Entscheidung über
eine solche Zweckmässigkeitsfrage zu berufen, ist begrifflich nicht
angängig. Die Instanz, von der ein Politiker Recht nimmt, ist
die öffentliche Meinung und das Parlament, zwei Stellen,
die in Hamburg mit ihrer Kritik nicht zurückzuhalten pflegen.
Ein Verantwortlichkeitsgesetz ist hier also überflüssig.
Es bleibt für ein solches eventuell also noch die staats-
rechtliche Seite. Formell würde ein Verantwortungsgesetz
nur in Gestalt eines Strafgesetzes, also innerhalb der durch $ 5
des Str.-G.-B. gezogenen Schranken auftreten können. Als Strafe
könnte demnach wohl nur Amtsentsetzung, vielleicht auch noch
Geldstrafe angedroht werden. Das Vergehen könnte nur be-
stehen im Handeln wider den klaren Wortlaut der Verfassung
oder anerkannter Gesetze z. B. ist denkbar der Fall, dass ein
Bürgermeister ein drittes Jahr hintereinander erwählt würde, dass
ein Vorsitzender der Deputation einen verfassungswidrigen Be-
schluss nicht an den Senat bringt, dass der Senat einen Gegen-
stand der Gesetzgebung durch Verordnung regelt — vgl. Ges.
2.11. 1896, 89 —, dass er ein beschlossenes Gesetz nicht publiziert.