Full text: Hamburgisches Staatsrecht auf geschichtlicher Grundlage.

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die gemeingermanische Anschauung, dass Anteil an Grund und 
Boden und zwar nur dieser, Recht am Gemeinwesen verleihe, 
genügte oder ob die Siedler sich solche Mitbestimmung an dem 
Schicksal ihrer Schöpfung ausdrücklich ausbedangen, steht dahin; 
auf alle Fälle müssen wir hier schon von Anfang an gegenüber 
dem fest organisierten Rat eine getrennte, gegliederte 
Bürgerversammlung vermuten. 
Bei der Verschmelzung der Städte siegte natürlich die auf's Vereinigung 
einen Rechtsgrund aufgebaute und daher lebenskräftige Institution 
der Neustadt über die unklare, entwickelungsunfähige Einrichtung 
der Altstadt. Die Wittigesten halten sich noch eine Zeit lang 
als Berater neben dem Rat, dann steigen auch sie in die Bürger- 
versammlung hinab, die uns nun zwecks Mitbestimmung ın 
negotiis arduis et magnis entgegentritt als consilium et consensus 
magistrorum officiorum mechanicorum et universitatis oppidi. Das 
ist der Keim der hamburgischen Bürgerschaft! Allein von 
verfassungs-, geschweige denn von staatsrechtlichen Grundsätzen, 
konnte so lange nicht die Rede sein, wie die letzte Bestimmung 
in die Hand der Grafen als Stadtherren gelegt war. Erst als 
die gräflichen Herrenrechte in Hamburg verschwinden, als dieses 
ein Staat wird, hebt die staatsrechtliche Entwickelung der 
Bürgerschaft an, ein Zeitpunkt, der etwa mit dem Abschluss des 
ersten Rezesses zusammenfällt. 
Die drei ersten Rezesse haben materiell an der legislativen Die ersten 
Kompetenz und formal an der Zusammensetzung der Bürger- 
Schaft nichts geändert. An Stelle der alten negotia ardua setzten 
sie als gleichwerte Gegenstände bürgerlicher Zustimmung Krieg 
und Frieden, Schoss und der Stadt Freiheiten. Dagegen fügte 
Schon der erste, die Anbahnung des gemeinsamen Kyrion über- 
nehmend, die Mitwirkung der Bürger bei Gericht über delin- 
quierende Ratsherren hinzu, eine Übung, die ausser der er- 
wähnten Absetzung des Gerd Quickhorn auch zur Hinrichtung 
des unglücklichen Ratmannes Johann Kletze 1427 geführt zu 
haben scheint. Einen formalen Fortschritt stellte der Rezess 
von 1458 durch die Statuierung des alleinigen Konvokations- 
rechts des Rats dar; der von 1483 nennt die bürgerschafts- 
fähigen Grundeigentümer zum ersten Male Erbgesessene. Nach 
ihm dürfen zur Bürgerschaft gehen allein: de erffseten borger 
und werkmestere der ampte. Die Reformationsbewegung und 
 
	        
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