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zu erweitern. Dass von den materiellen Befugnissen die Wahl,
Vereidigung, Introduktion, Absetzung der Ratsherren durch die
Bürgerschaft ein ungesetzlicher Übergriff war, ist besprochen,
ebenso wie die Beeinflussung von Justiz und Verwaltung durch
die Schlüsse ad hoc und in personam. Die bürgerliche Initiative
dieser Tage beruhte auch nicht auf einem gesetzlichen Grunde.
Der Ort der Konvente war der grosse Saal des alten Rat-
hauses, wo sich unter der „Krone“ die Formalien abspielten;
die einzelnen Kirchspiele traten in die Kirchspielkammern. Dort-
hin war grundsätzlich Diskussion und Beratung gelegt; aus
den Kirchspielschlüssen ward in der Schreiberei der Bürger-
schluss festgestellt. Stimmte er der Senatsproposition zu, war
ein Rats- und Bürgerschluss, also ein Gesetz vorhanden. Ab-
weichende Bürgerschlüsse gaben zu Repliken, Dupliken u. s. w.
Veranlassung. Durch ständige Verletzung der Formalien und
Kurialien, durch unordentliche Schlüsse unter der Krone, durch
unerhörte Häufigkeit und tagelange Dauer der ununterbrochen
währenden Konvente hatten die Tumultzeiten sie zu regellosen
Pöbelversammlungen gemacht.
Die Reform von 1708—1712 setzte zunächst die Erb-
gesessenen wieder in ihr Recht ein, jetzt aber mit 1000 Reichs-
thaler freiem Gelde. Ausserhalb der Ringmauern erbgesessene
Bürger mussten 2000 Reichsthaler freies Geld aufweisen und
innerhalb der Stadt eigen Feuer und Herd. Die Zulassung und
Rangordnung der Personalisten wurde neu geregelt, die Graduierten,
die im 17. Jahrhundert eine Rolle von wachsender Bedeutung
in den Konventen gespielt hatten, wurden zwar ausgezeichnet,
aber nur als Erbgesessene zugelassen. Da das freie Geld nach
heutigem Gelde etwa einen Wert von 35000—40000 Mark dar-
stellte, wurden der Erbgesessenen sehr wenige. Durch die Herr-
schaft der Personalisten im Konvent ward Hamburg eine oligar-
chische Republik, die infolge des zunehmenden Übels der ständigen
Beschlussunfähigkeit — erforderlich zur Beschlussfähigkeit war
die Anwesenheit von nur 195 Bürgern im Konvent — immer
mehr einer thatsächlich autokratischen Ratsherrschaft ausgeliefert
ward.
Das Testament der Zwanziger und die Reformer von 1842
wollten im grossen und ganzen an der Erbgesessenen Bürger-
schaft nicht viel ändern, namentlich hielten sie noch an der
Idee des persönlichen Stimmrechts der Bürger fest.
Der Haupt-
rezess.