Full text: Staatsrecht des Königreichs Bayern.

86. Die Behörden der Rechtspflege und der Verwaltung. 13 
die Ausstattung einer General-Dispositions-Kasse. 
Das Etatsjahr, ursprünglich mit dem Kalenderjahr gleich, hatte nach späterer Verfügung am 
1. Oktober zu beginnen. 
Durch die Domanialfideikommißpragmatik vom 20. Oktober 1804 wurde die Vereinigung des 
Hausvermögens mit dem Staatsvermögen vollzogen. Eine Schuldenpragmatik vom gleichen Tage 
stellte die Grundsätze über die Eingehung von Staatsschulden fest. 
Ein weiterer bedeutsamer Schritt auf dem Wege der Umgestaltung der Finanzbehörden ge- 
schah durch die Verordnung vom 8. Juni 1807. 
Dieselbe machte der besonderen landschaftlichen Finanzverwaltung ein Ende. Die landschaft- 
lichen und ständischen Steuerkassen wurden aufgehoben, die Erhebung der Steuern durch eigene 
ständische Einnehmer wurde beseitigt. Die landschaftlichen Kassen sollten an die Provinzial-Etats- 
Kuratelen ausgeantwortet werden. 
Zugleich wurde für das Staatsschuldenwesen eine eigene Landesstelle, die Zentralschulden- 
etatskommission, gebildet. 
Die Verordnung vom 8. Juni 1807 ist mehr noch als durch ihre organisatorischen Be- 
stimmungen dadurch denkwürdig, daß sie die Reform des Steuerwesens entschieden in Angriff nahm 
und vor Allem mit den Stenerbefreiungen aufräumte. 
Die Verordnung bestimmt, nachdem sie zuvor in längerer Ausführung die Gerechtigkeit des 
Grundsatzes der „allgemeinen Teilnahme an den Staatslasten“ dargetan hat, Folgendes: 
„Wir verordnen demnach und wollen, daß in Zukunft jedes Grundvermögen, ohne Unter- 
schied, es mag bisher befreit gewesen sein oder nicht, und zu Unseren eigenen Domänen, oder zu 
jedem anderen Eigentume gehören, seinen verhältnismäßigen Anteil an der Grundvermögenssteuer 
tragen soll; wogegen sich von selbst versteht, daß diejenigen besonderen Auflagen, welche als ein 
Surrogat der bieherigen Befreiungen entrichtet worden sind, für die Zukunft aufzuhören haben. 
Mit der Allgemeinheit der Entrichtung der Grund-Vermögens-Steuer muß sich die Rektifi- 
kation des Steuerfußes notwendig verbinden; weil auch hierin die größten Ungleichheiten herrschen, 
und der eine nach dem Maße seiner Kräfte bei weitem noch nicht beiträgt, was er zu leisten ver- 
bunden wäre, indessen der andere durch den jetzigen Steuerfuß schon über seine Kräfte angestrengt 
wird. — Wir werden demnach unverzüglich eine Steuer-Rektifikations-Kommission anordnen, und 
dieser die Leitung des Geschäftes, nebst der Oberaufsicht darüber in allen Provinzen Unseres 
Königreiches übertragen." 
Die in solcher Weise festgestellten Grundsätze wurden sofort mit Entschiedenheit zur Geltung 
gebracht. 
Bereits unterm 20. November 1807 erging eine Verordnung, welche als momentanes und 
von dem künftigen allgemeinen wohl zu unterscheidendes Provisorium verfügte, es sei ein halbes 
Prozent des heutigen Wertes als Steuergabe von allen Realitäten zu entrichten, die bisher noch 
gar keine Steuer oder unter dem Titel von Rittersteuern, Kammersteuern und dgl. nur ganz will- 
kürliche, unverhältnismäßige Beiträge leisteten. Dagegen kämen die letzterwähnten seitherigen Ab- 
gabensurrogate in Wegfall. An diesem „provisorium momentaneum“ wurde bis zum Eintritte 
des allgemeinen Provisoriums festgehalten. 
Unterm 27. Januar 1808 erging sodaun eine Verordnung über die Rektifikation der Be- 
stenerung des Grundvermögens. Es wurde beschlossen, „das Steuerrektifikationsgeschäft in zwei 
besondere Zweige zu verteilen und auf der einen Seite durch unverzügliche Einleitung der allge- 
meinen und besonderen Vermessungen den Grund zu einer vollständigen und definitiven 
Steuerrektifikation zu legen; zugleich aber auf der anderen Seite die Einleitung zur Festsetzung 
eines allgemeinen Steuerprovisoriums zu treffen, welches iu einem weit kürzeren 
Zeitraume zur Ausübung gebracht werden kann und dennoch so beschaffen ist, daß es die wesent= 
lichsten Unrichtigkeiten und Ungleichheiten der jetzigen verschiedenen Steuereinrichtungen . in 
einem hinlänglichen Grade beseitigt.“ 
Zu dem ersteren Zwecke wurde eine Kommission ernannt, welche durch Vornahme der Par- 
zellarvermessung des Landes die Einführung einer Grundertragssteuer, des Definitivums vor- 
bereiten sollte. 
Die Ausmittelung des Steuerprovisoriums in den einzelnen Provinzen sollte durch Steuer- 
rektifikations-Kommissionen geschehen, welche den Wert des Grundvermögens nach Maßgabe des 
Ertrages innerhalb höchstens 6 Monaten zu erheben hatten. 
Durch die Gutachten und Arbeiten dieser Kommissionen sah sich die Regierung sehr bald in 
die Möglichkeit versetzt, dem allgemeinen Provisorium eine Ausdehnung zu geben, in welcher, wie 
man sich ausdrückte, es beinahe alle direkte Steuern umfaßte und in seinem Maße selbst der de- 
finitiven Steuerrektifikation vorarbeitete.
	        
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