22 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. I. Der Herrscher. * 12.
Die Zivilliste ist in monatlichen Teilbeträgen, aus der Zentralstaatskasse zu ent-
richten. Die Erträgnisse der Staatsdomänen haften in erster Linie für die Auszahlung
der Ziwvilliste.
Der Zivilliste, sind durch ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen eine Reihe von
Ausgaben überbürdet. Aus der Zivilliste ist vor allem der Bedarf für den Haus= und
Hofhalt des Königs zu bestreiten. Ferner obliegt ihr der Unterhalt der Königin-Gemahlin
und der minderjährigen Kinder des Königs 1). Eine Last der Zivilliste bildet endlich im
Falle der ordentlichen Regentschaft der Unterhalt, der dem Reichsverweser verfassungsmäßig
gebührt.
Außer der Zivilliste ist zur Ausstattung der Krone auch die Nutzung einer Anzahl
von Grundstücken samt Gebäuden, Einrichtung und sonstigem Zubehör, sowie der Haus-
schatz bestimmt.
Streitigkeiten zwischen König und Staatsärar über Ansprüche aus dem Zivillistege-
setze sind öffentlichrechtlicher Natur. Sie gehören daher nicht vor die Zivilgerichte. Da
sie auch der Verwaltungsrechtsprechung nicht überwiesen sind, fehlt es für dieselben völlig
an einem zuständigen Forum.
Von dem Staatsgute, welches dem Könige zur Nutzung überwiesen ist, ist sein Pri-
vatvermögen (Chatoullegut) zu unterscheiden. Ueber dieses Vermögen steht dem Könige
die freie, an die bürgerlichen Gesetze nicht gebundene Verfügung zu?).
Wenn der König ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung stirbt, so werden
die zu seinem Privatvermögen gehörigen, von ihm neuerworbenen unbeweglichen Sachen
Staatsgut, jedoch in der Weise, daß deren Nutzgenuß sich nach gesetzlichem Erbrechte ver-
erbt?s). Die bewegliche Verlassenschaft des Königs vererbt sich Mangels letztwilliger Ver-
fügung nach Zivilrecht ).
Der König als Inhaber seines Privatvermögens (Zivilliste) nimmt vor den Gerichten
Recht 5). Die Zivilliste des Königs, welche im bayerischen Prozeßrechte dem Fiskus gleich-
gestellt worden war, hat ihren allgemeinen Gerichtsstand vor den Gerichten der Haupt-
stadt, und zwar, wenn die letztere in mehrere Gerichtsbezirke geteilt ist), vor den durch
Verordnung bestimmten Gerichten?). Art. 6 des Einführungsgesetzes zum B.-G.-B., der die
Verhandluug und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einf.-G. zum Ge-
richtsverfassungsgesetze in jenen Fällen dem Reichsgerichte zuweist, in welchen durch Klage
1) Keinerlei Bestimmung besteht bezüglich des Unterhaltes eines zurückgetretenen Königs
und seiner Gemahlin. Der Staat ist zu dessen Bestreitung gesetzlich ebenso wenig verpflichtet, als
die Zivilliste. Es erübrigt also nichts, als daß der abdankende Herrscher durch gleichzeitigen Ver-
trag mit seinem Nachfolger sich seinen Unterhalt aus der Zivilliste ausbedingt. So wurde in dem
einzigen seit Bestand des Köniareichs Bayern vorgekommenen Falle verfahren. (Vertrag zwischen
König Ludwig l. und König Maximilian II. vom 20. März 1848.) Daß die Witwe eines zurückge-
tretenen Königs alle Ansprüche einer Königin-Witwe gegen die Staatskasse hat, ist selbstverständlich.
2) Familienstatut von 1819 Tit. VIII 8 2; vgl. Familiengesetz von 1816 Art. 59. Einf.G.
z. B. G. B. Art. 57, Staudinger, Vorträge S. 18.
3) Tit. III § 1 Abs. II der Verf.Urk. Für den Fall einer überschuldeten Erbschaft gilt
dies selbstverständlich nicht.
4) Familienstatut von 1819 Tit. VIII § 3 und 4. Die Prinzessinnen sind nach Tit. V § 3
von dieser gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, „solange noch männliche Sprossen im königlichen
Hause vorhanden sind“.
5) Einf. G. zum R.G.V. G. vom 27. Januar 1877 9 5; Einf.G. zur R.C. P.O. vom 30.
Jannar 1877 § 5; Ausf.G. zur R.C. P.O. in der Fassung vom 26. Juni 1899 (G.V. Bl. S. 401)
Art. 1. Zustellung an die Zivilliste, welche von den Vorständen der k. Hofsftäbe, der selbstän-
digen Intendanzen, der k. Kabinetskasse 2c. vertreten wird, erfolgen unnmehr an den k. Oberst-
hofmeister-Stab.
6) Zur Zeit ist das nicht der Fall. Vgl. Verordnung, die Bestimmung der Gerichtssitze und
die Bildung der Gerichtsbezirke betr., vom 2. April 1879, Beilage. G. V. Bl. S. 3600.
Art. 1 7) Ausf. G. z. R. C. P. O. und K. O. in der Fassung vom 26. Juni 1899 (G. V. Bl. S. 431)
Art. 1.