Full text: Staatsrecht des Königreichs Bayern.

§ 13. Erwerb und Verlust der Herrschergewalt. 25 
Ueber die Erbverbrüderung gelten nach bayerischem Staatsrechte (Verf.-Urk. 
Tit. II. §§ 4, 5) folgende Bestimmungen. 
Eine Erbverbrüderung kann nur auf den Fall des Aussterbens des Mannsstammes 
des königlichen Hauses stattfinden. Sie kann ferner nur mit einem andern fürstlichen Hause 
aus dem vormaligen deutschen Bunde eingegangen werden. 
Zum Abschlusse einer Erbverbrüderung innerhalb der angegebenen verfassungsmäßigen 
Schranken und zum Erlasse der entsprechenden gesetzlichen Anordnungen ist der König be- 
fugt Er bedarf hiezu weder einer Zustimmung des Landtages noch einer solchen der Agnaten. 
Die Erbverbrüderung macht die Angehörigen der erbverbrüderten Familie nicht zu 
Mitgliedern des königlichen Hauses. Abgesehen von der eventuellen Thronfolge treten sie 
in keine staatsrechtliche Beziehung zum bayerischen Staate. Die erbverbrüderte Familie 
wird zum königlichen Hause erst dann, wenn der Mannsstamm des jetzigen königlichen 
Hauses ausgestorben ist. 
Eine Erbverbrüderung besteht für Bayern dermalen nicht. 
In Ermangelung einer solchen oder wenn der Mannsstamm des erbverbrüderten 
Hauses bereits erloschen ist, tritt die Thronfolge der Kognaten ein und zwar 
nach dem gleichen Grundsatze wie jene der Agnaten, d. h. nach der Linealfolge mit dem 
Vorzuge der Erstgeburt. 
Die Verfassungsurkunde (Tit. II § 5) sagt: „Die zur Zeit des Ablebens des letzt- 
regierenden Königs lebenden bayerischen Prinzessinnen oder Abkömmlinge von denselben 
ohne Unterschied des Geschlechts“ sollen, „ebenso als wären sie Prinzen des ursprüng- 
lichen Mannsstammes des bayerischen Hauses, nach dem Erstgeburtsrecht und der Lineal- 
erbfolgeordnung zur Thronfolge berufen werden.“ 
Wenn in dem neuen königlichen Hause Abkömmlinge des ersten Grades von beiderlei 
Geschlecht geboren sind, tritt der Vorzug des männlichen Geschlechts vor dem weiblichen 
wieder ein. 
Wenn nun auch bei beiden Arten der außerordentlichen Thronfolge, sobald dieselbe 
eingetreten ist, grundsätzlich die gleiche Thronfolgeordnung stattfindet, wie im königlichen 
Hause Wittelsbach, so hat doch die Verfassung zur Sicherung der Selbständigkeit des 
Staates Ausnahmebestimmungen für den Fall getroffen, daß die bayerische Krone an den 
Träger einer fremden Krone gelangen würde. 
Tit. II § 6 der Verfassungsurkunde sagt: „Sollte (bei Erbverbrüderung) die baye- 
rische Krone nach Erlöschung des Mannsstamms an den Regenten einer größeren Monarchie 
gelangen, welcher seine Residenz im Königreiche Bayern nicht nehmen könnte oder würde, 
so soll dieselbe an den zweitgeborenen Prinzen dieses Hauses (d. h. an den Erstgeborenen 
der zweitältesten Linie dieses Hauses) übergehen und in dessen Linie sodann die gleiche 
Erbfolge eintreten, wie sie oben verzeichnet ist. 
Kommt aber (bei Kognatenthronfolge) die Krone an die Gemahlin eines auswärtigen 
größeren Monarchen, so wird sie zwar Königin, sie muß jedoch einen Vicekönig, der seine 
Residenz in der Hauptstadt des Königreichs zu nehmen hat, ernennen und die Krone geht 
nach ihrem Ableben an ihren zweitgeborenen Prinzen über“ 7). 
Auch für Bayern gilt der Satz, der im deutschen Staatsrechte allgemein anerkannt 
ist, daß bei Erledigung des Thrones durch Tod oder Verzicht des bisherigen Inhabers 
die Krone dem verfassungsmäßig Berufenen von selbst anfällt, ohne daß es zunächst einer 
Erwerbungshandlung bedürfte. Allein, wenn auch die Krone dem Berufenen ohne seinen 
1) Vgl. hiezu v. Seydel, bayer. Staatsrecht 1 S. 262 ff. und H. von Sicherer, 
Sekundogenitur und Primogenitur in der Festgabe zum Doktor-Zubiläum des Geh. Rats und Pro- 
So * J. J. W. von Planck, von der Juristenfakultät zu München überreicht, München 1887, 
.27 ff.
	        
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