28 Zweiter Abschnitt: Staat und Staatsverfassung. I. Der Herrscher. * 14.
ältere wie dieses neue Statut enthält eine Reihe von Bestimmungen, durch welche Ver-
pflichtungen der Staatskasse gegenüber den Mitgliedern des königlichen Hauses begründet
werden.
Bezüglich dieser Bestimmungen gelangte im Finanzgesetze vom 28. Dezember 1831
(G.-Bl. S. 121) Art. 8 die Ansicht zur Geltung, daß sie nur durch Staatsgesetz geändert
werden können. Die einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes von 1816 wurden daher
als noch zu Recht bestehend erachtet. Indessen wurden bald darauf durch Art. 6 und 7
des Gesetzes über die Zivilliste die einschlägigen Vorschriften des Statuts von 1819 als
von nun an geltende verfassungsrechtliche Bestimmungen anerkannt.
Das Familienstatut von 1819 ist hienach jetzt, abgesehen von den Art. 4—9 des
Familiengesetzes von 1816, die übrigens seitdem Veränderungen erlitten haben, das „allein
gültige Haus-Grund-Gesetz.“
Das königliche Haus umfaßt unter dem Könige als Haupt folgende Mitglieder:
1. die ebenbürtige Gemahlin des Königs,
2. den zurückgetretenen König und dessen ebenbürtige Gemahlin, dann die Königin-
Witwe,
3. alle Prinzen und Prinzessinnen, welche von dem gemeinschaftlichen Stammvater
des königlichen Hauses durch anerkannte, ebenbürtige, rechtmäßige Ehen in männlicher Linie
abstammen,
4. die ebenbürtigen Gemahlinnen und Witwen der Prinzen des königlichen Hauses.
Die weiblichen Mitglieder des königlichen Hauses scheiden aus demselben aus, wenn
sie sich mit einem Gatten verehelichen, der dem königlichen Hause nicht angehört.
Alle Mitglieder des königlichen Hauses sind, soferne sie bayerische Untertanen sind,
der Hoheit, Gerichtsbarkeit und Anssicht des Königs unterworfen. Wenn ein Reichsver-
weser an Stelle des Königs regiert, so übt dieser auch die Befugnisse des Königs als
Familienhaupt aus.
Die Mitglieder des königlichen Hauses bilden die rechtlich am meisten ausgezeichnete
Klasse der Staatsangehörigen, und zwar bilden sie eine Klasse für sich. Es wäre insbe-
sondere falsch, sie dem Adel zuzurechnen. Ihre bevorzugte Stellung beruht auf ihrer Mit-
gliedschaft zu jener Familie, aus welcher der Herrscher hervorgeht, also auf einem völlig
anderen Grunde wie die Vorrechte des Adels. Die Rechtssätze ferner, welche für den
Adel gelten, sind auf die landesherrliche Familie nicht anwendbar.
Die Mitglieder des königlichen Hanses haben als solche gewisse Ehrenrechte.
Die erste Stelle nimmt unter ihnen die Gemahlin des Königs ein, welche die Ehren-
rechte des Königs, insbesondere dessen Mgcjestätstitel teilt. Derselbe verbleibt ihr als
Witwe. Auch der zurückgetretene König behält den Moajestätstitel.
Im übrigen ist zwischen der königlichen Hauptlinie, die vom König
Maximilian I. abstammt, und der Linie Gelnhausen, der herzoglichen Nebenlinie,
zu unterscheiden.
Die Mitglieder der königlichen Hauptlinie führen den Titel königlicher Prinz oder
königliche Prinzessin von Bayern, das Prädikat königliche Hoheit 1) und das königliche
Wappen mit der Königskrone ober dem Schilde'). Der älteste Sohn des Königs heißt
Kronprinz 3), der älteste Sohn des Kronprinzen Erbprinz #).
Die Mitglieder der herzoglichen Linie führen den Titel Herzog oder Herzogin in
1) Familiengesetz von 1816 Art. 5.
2) Dasselbe ist bestimmt durch die Verordnung, das k. Wappen und Siegel betr., vom 18.
Oktober 1835 (Weber III S. 40).
3) Familiengesetz von 1816 Art. 4.
4) Verordnung vom 15. November 1845 (Weber I S. 400).